Keine Märchen mehr, Herr Lindner: Ihr „Wirtschaftswende Deutschland“-Papier war kein heimliches Strategiepapier, das versehentlich in die Presse geraten ist. Es sollte genau dort landen.
Der FDP-Plan, der offiziell nur als Konzept für Wachstum und Generationengerechtigkeit gehandelt wird, ist nicht mehr und nicht weniger als eine Ansage. Nicht an Scholz, sondern an die Wähler.
Die Botschaft? „Wir machen unser eigenes Ding.“ Und genau das tut auch Robert Habeck für die Grünen, genau das will Olaf Scholz für die SPD.
Zwei Wege für Scholz
Der Kanzler steht vor einer glasklaren Wahl: Entweder setzt er mit einem entschlossenen Plan ein Zeichen und knüpft die Umsetzung an eine Vertrauensfrage im Bundestag.
Damit wäre Scholz bereit, Neuwahlen in Kauf zu nehmen, wenn das nötige Vertrauen nicht da ist. Neuwahlen im März? Klingt gewagt, aber genau diese Klarheit wäre jetzt gefragt. Natürlich liegt in dieser Option ein Risiko – keine Frage. Aber in den Augen vieler wäre es eine Befreiung aus dem lähmenden Status quo.
Oder aber Scholz versucht es mit einem Formelkompromiss, diesem typischen „Wir verständigen uns schon irgendwie“, das alle hören, aber keiner mehr glaubt. Er könnte die Ampel als rot-grüne Minderheitsregierung weiterführen, im Hinterkopf die Hoffnung auf wechselnde Mehrheiten.
Für die Demokratie mag das experimentell und interessant sein, doch die Wirtschaft hätte am Ende ein weiteres halbes Jahr der Unsicherheit vor sich. Und ehrlich: Wer kann sich das leisten?
Vertrauensfrage oder Koalitions-Wirrwarr?
Für Scholz sind es keine einfachen Entscheidungen. Der Vertrauensfrage im Bundestag zu entgehen und weiter auf ein Band aus Kompromissen zu setzen, würde der Wirtschaft noch weitere Monate im Nebel bescheren. Das wäre zwar die bequemere Option – aber der Preis?
Eine noch tiefere Vertrauenskrise. Die Wirtschaft wartet auf Lösungen, auf Planbarkeit, auf eine Antwort auf die große Frage: Wie geht es weiter mit Deutschland als Wirtschaftsstandort?
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Die FDP hat ihre Antwort klar formuliert: Wachstum um jeden Preis. Lindner stellt sich als Hüter der marktwirtschaftlichen Vernunft dar. Die Grünen hingegen setzen auf Umweltschutz und soziale Gerechtigkeit als Basis für nachhaltige Wirtschaftspolitik.
Und Scholz? Er will die Wirtschaft zur Chefsache machen – jetzt bleibt die Frage, ob er den Mut hat, eine klare Linie zu vertreten und dafür zu kämpfen.
Ein schweres Erbe für die nächste Regierung
Ganz gleich, wie Scholz entscheidet, das kommende Kapitel wird schwerer wiegen als die aktuellen Streitigkeiten. Denn die nächste Regierung – wer auch immer sie führt – wird mit einem beispiellosen Erfolgsdruck ins Rennen gehen.
Ein „Weiter so“ ist keine Option mehr. Der Ruf nach Stabilität und wirtschaftlichem Fortschritt ist laut. Zu viel Zeit wurde bereits in politische Manöver investiert.
Für Scholz ist es die Stunde der Wahrheit: Ein echtes Machtwort oder sechs Monate zermürbender Verhandlungen. Die Entscheidung liegt bei ihm – und sie wird Deutschlands politischen und wirtschaftlichen Kurs auf Jahre hinaus prägen.