Während der Trend zu Elektrofahrzeugen an Fahrt aufnimmt, wendet sich die Öl- und Gasindustrie zunehmend Kunststoffen zu, um ihre wirtschaftliche Stabilität zu sichern. Trotz eigener Herausforderungen stellt dieser Bereich jetzt schon 15 Prozent der weltweiten Nachfrage nach raffinierten Erdölprodukten. Prognosen zufolge könnte dieser Anteil bis 2050 auf 25 Prozent ansteigen, so Guy Bailey, Leiter der Öl- und Chemikalienmärkte bei Wood Mackenzie. Er betont, dass Kunststoffe nicht nur unverzichtbar für das moderne Leben sind, sondern auch eine zentrale Rolle im Übergang zur nachhaltigen Energie spielen.
Bailey unterstreicht darüber hinaus die wichtige Position der petrochemischen Industrie im Downstream-Sektor der Energiebranche. Doch ob Kunststoffe langfristig als Rettungsanker für die Ölindustrie ausreichen, bleibt fraglich. Wie Martha Moore, Chefökonomin des American Chemistry Council, anmerkt, wird aus einem Barrel Öl derzeit der größte Teil für Treibstoffe genutzt, während Kunststoffe nur einen kleinen Anteil ausmachen.
Mit der zunehmenden Verbreitung erschwinglicher Elektrofahrzeuge könnte sich das allerdings ändern, wie Steven Fries vom Peterson Institute for International Economics prognostiziert. Trotzdem macht er auf die geringe Bedeutung von Kunststoffen im Gesamtvolumen eines raffinierten Ölbarrels aufmerksam, was ihre Rolle als langfristige Lösung infrage stellt. Hinzu kommt die Notwendigkeit der Kunststoffbranche, ihren CO2-Fußabdruck zu reduzieren und die Herausforderung der Plastikabfälle zu meistern, wie Bailey erklärt.
Ein Blick auf die Parallelen zwischen der Petrochemie und dem Niedergang des Kohlebergbaus zeigt, dass auch in den Petrochemikalien die Nachfrage geringer sein könnte als erwartet, so Analyst Tom Sanzillo vom Institute for Energy Economics and Financial Analysis. Dennoch setzt die Industrie zunehmend auf Recycling, um ihre Aktivitäten zu diversifizieren, und hofft auf ein richtungsweisendes Abkommen, welches momentan in Busan, Südkorea, verhandelt wird.