Die rund zwei Millionen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes von Bund und Kommunen können sich auf mögliche Veränderungen in ihren Arbeitszeitregelungen freuen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) bekundete auf der Jahrestagung des Beamtenbunds dbb in Köln ihr Interesse an einer flexibleren Gestaltung der Arbeitszeiten. Mit den Gewerkschaften bestehe bereits eine gewisse Einigkeit in einigen Punkten, betonte sie in ihrer Rede.
Im Vorfeld der Tarifverhandlungen, die am 24. Januar beginnen, fordern der dbb und die Gewerkschaft Verdi unter anderem die Schaffung eines "Mehr-Zeit-für-mich-Kontos". Dieses würde Beschäftigten erlauben, über ihre zusätzlich geleisteten Arbeitsstunden selbst zu verfügen und zu entscheiden, ob diese als Überstundenzuschläge ausbezahlt oder auf einem neuen Zeitkonto gutgeschrieben werden. Die kommunalen Arbeitgeber werden hierbei gemeinsam mit dem Innenministerium die Gespräche führen.
Faeser drückte ihre Vorfreude auf die bevorstehenden Tarifverhandlungen aus und zeigte sich zuversichtlich, einen Abschluss zu erzielen, der allen Interessen gerecht wird. Der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD), über den in Potsdam verhandelt wird, betrifft direkt und indirekt mehr als 2,6 Millionen Beschäftigte.
Die Gewerkschaften fordern eine Entgelterhöhung von acht Prozent, mindestens jedoch 350 Euro monatlich, bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Zudem drängt der dbb auf eine Rückführung der Wochenarbeitszeit für Bundesbeamte von 41 auf 39 Stunden. Der dbb-Vizechef Volker Geyer betonte die Möglichkeit, den öffentlichen Dienst attraktiver zu gestalten, und kritisierte die Rückstände bei der Arbeitszeitsouveränität im Vergleich zur Wirtschaft.
Von den Verhandlungen sind zahlreiche Bereiche wie Nahverkehr und Müllabfuhr betroffen, was zu begleitenden Warnstreiks führen könnte. Verdi-Chef Frank Werneke äußerte bereits Missmut über die bisherigen Entwicklungen und hielt Warnstreiks für wahrscheinlich. Die Belastung der Beschäftigten sei immens, so Geyer, der zunehmend mehr Aufgaben und Verantwortlichkeiten forderte.
Sowohl Faeser als auch Geyer betonten die Wichtigkeit eines starken Staates für eine funktionierende Demokratie. Sie forderten erhöhte staatliche Investitionen in die Infrastruktur, Bildung und Sicherheit. Faeser erklärte ihre Bereitschaft zur Diskussion über eine Lockerung der Schuldenbremse, um solche Investitionen zu ermöglichen, insbesondere im Kontext des aktuellen Kriegsgeschehens in Europa.
Eine aktuelle Umfrage des dbb zeigt, dass 67 Prozent der Bevölkerung mehr staatliche Investitionen in Bereiche wie Bildung und Sicherheit für essentiell halten. Demgegenüber stehen 20 Prozent der Befragten, die den Fokus auf Schuldenabbau oder allgemeine Steuersenkungen legen.