24. November, 2024

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Northvolt vor dem Kollaps: Die Luftschlösser der Batterieindustrie

Milliardenschulden, Gläubigerschutz, Rücktritte: Das Batterie-Start-up Northvolt kämpft ums Überleben

Northvolt vor dem Kollaps: Die Luftschlösser der Batterieindustrie
Mit 5,8 Milliarden Dollar Schulden und Gläubigerschutzantrag kämpft Northvolt ums Überleben. Der Traum einer europäischen Batterieproduktion ohne China könnte zerplatzen.

Vom Hoffnungsträger zur Krisenfirma

Es klang zu schön, um wahr zu sein: ein europäisches Batterieunternehmen, unabhängig von China, mit einer vollständig integrierten Wertschöpfungskette. Northvolt wollte nichts Geringeres als die Zukunft der Elektromobilität mitgestalten. Doch nur sieben Jahre nach der Gründung steht das Start-up vor dem finanziellen Kollaps.

Mit 5,8 Milliarden Dollar Schulden und nur noch 30 Millionen Dollar in der Kasse hat Northvolt in den USA Gläubigerschutz beantragt.

Gründer Peter Carlsson, einst Tesla-Manager und das Gesicht der Firma, ist bereits zurückgetreten. Jetzt sucht das Unternehmen dringend frisches Kapital – 1,2 Milliarden Dollar, um genau zu sein.

Das Konzept scheitert an der Realität

Northvolt wollte nicht nur Batteriezellen produzieren. Das Unternehmen hatte den Anspruch, die gesamte Wertschöpfungskette unter einem Dach zu vereinen: Lithium-Förderung, Kathodenherstellung, Recycling – alles sollte eigenständig betrieben werden. Doch diese Strategie hat das Unternehmen finanziell überfordert.

Auch die Entscheidung, ohne technologische Unterstützung aus China auszukommen, hat sich als problematisch erwiesen. Während Konkurrenten wie Volkswagen in ihrer Batteriefabrik auf den chinesischen Hersteller Gotion setzen, kämpft Northvolt mit ineffizienten Produktionsabläufen.

Northvolt wollte die gesamte Batterie-Wertschöpfungskette abdecken. Das überforderte das Unternehmen finanziell und organisatorisch – jetzt droht der Kollaps.

Ein deutscher Standort mit Fragezeichen

Für das geplante Werk in Heide (Schleswig-Holstein) hat Northvolt staatliche Subventionen von knapp einer Milliarde Euro zugesagt bekommen. Doch der Produktionsstart wurde auf 2027 verschoben. Ob die Fabrik jemals wie geplant arbeiten wird, ist ungewiss.


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Das Bundeswirtschaftsministerium betont, dass bisher keine Fördermittel ausgezahlt wurden. Doch für die deutsche Batterieproduktion ist Northvolts Schicksal eine Bewährungsprobe – und eine ernste Mahnung, wie schnell solche Großprojekte scheitern können.

Partner in der Pflicht, Kunden springen ab

Volkswagen, der größte Anteilseigner von Northvolt, hat bisher stark auf die Batterien des Start-ups gesetzt. Doch die finanziellen Schwierigkeiten des Unternehmens haben bereits zu Wertberichtigungen in Höhe von über 200 Millionen Euro geführt, die den VW-Gewinn belastet haben.

Ob VW weiteres Geld in das angeschlagene Unternehmen investiert, bleibt offen.

BMW, ein ehemaliger Großkunde von Northvolt, hat derweil die Reißleine gezogen. Statt auf europäische Batterien setzt der Autobauer nun auf chinesische Lieferanten. Mit dem Verlust von zwei Milliarden Dollar an Auftragsvolumen hat Northvolt eine entscheidende Grundlage für Kredite verloren.

Eine ganze Branche im Stresstest

Northvolts Krise ist kein Einzelfall. Die europäische Batteriebranche kämpft mit überzogenen Erwartungen und stagnierendem Wachstum. Der chinesische Hersteller SVolt hat seine Projekte in Europa komplett gestoppt, und selbst Mercedes-Benz hat die Pläne für zwei Werke der ACC-Batterieallianz eingefroren.

Die Realität ist ernüchternd: Selbst bei optimistischem Wachstum der Elektromobilität drohten Überkapazitäten. Jetzt stehen Unternehmen vor der Aufgabe, Projekte entweder zu reduzieren oder gänzlich einzustampfen.