Die Schattenseite von Northrops Super-Bomber
Rüstungsaufträge gelten in Krisenzeiten als Börsenanker. Doch bei Northrop Grumman gilt das nur noch bedingt. Die Aktie des US-Konzerns verlor am Dienstag in der Spitze fast elf Prozent – ein Rücksetzer, der selbst für die traditionsreiche Verteidigungsindustrie ungewöhnlich heftig ausfällt.
Der Grund: enttäuschende Quartalszahlen, vor allem beim Gewinn.
Mit 3,32 Dollar je Aktie verdiente Northrop im ersten Quartal nur noch rund halb so viel wie im Vorjahreszeitraum. Analysten hatten deutlich mehr erwartet.
Der Umsatz lag mit 10,1 Milliarden Dollar zwar leicht über dem Vorjahreswert – doch das reichte nicht aus, um den Markt zu besänftigen. Im Zentrum der Kritik: die explodierenden Kosten beim B-21 Raider, dem Tarnkappenbomber der nächsten Generation.
Das Milliardenprojekt B-21 frisst Ressourcen
Der B-21 Raider gilt als Prestigeobjekt des Pentagon – und als teuerster Langstreckenbomber der US-Geschichte. Das Flugzeug, das sowohl konventionelle als auch nukleare Sprengköpfe tragen kann, soll die alternden B-1B- und B-2-Flotten ersetzen. Strategisch ist der B-21 ein Gamechanger. Finanziell entwickelt er sich jedoch zu einem Risiko.
Northrop hatte die Produktionskapazitäten zuletzt massiv ausgeweitet – auch im Hinblick auf die geopolitische Lage und zunehmende Nachfrage. Doch höhere Materialkosten, neue Zulieferprobleme und technologische Anpassungen treiben die Projektkosten deutlich nach oben.
In internen Schätzungen war zuletzt von einer Budgetüberschreitung von über 1,5 Milliarden Dollar die Rede – allein für die erste Serie.
Wall Street straft ab
Northrop war in den vergangenen Jahren ein Börsenliebling, nicht zuletzt wegen der stabilen Nachfrage durch das US-Verteidigungsministerium und internationale Partner. Doch in der jüngsten Bilanz schlägt sich ein Paradigmenwechsel nieder: Steigende Umsätze allein genügen nicht mehr. Die Profitabilität zählt – und genau hier enttäuscht Northrop.
Die operative Marge fiel auf 7,2 % – ein für Rüstungskonzerne ungewöhnlich schwacher Wert. Analysten wie Sheila Kahyaoglu von Jefferies bezeichneten den Margenrückgang als „alarmierend“, zumal die Investoren gerade in einem Hochzinsumfeld mehr denn je auf Effizienz achten.

Auch Lockheed und RTX unter Druck
Der Kursrutsch bei Northrop zog am Dienstag auch andere Werte mit nach unten. Die Aktie von Lockheed Martin verlor rund 3 %, RTX (vormals Raytheon) gab um 2,5 % nach.
Der Grund: Die Kostenproblematik bei Großprojekten betrifft nicht nur Northrop. In der gesamten Branche steigen die Fertigungskosten, vor allem für hochspezialisierte Komponenten wie Radar- und Antriebssysteme.
Hinzu kommt politischer Gegenwind: Im US-Kongress mehren sich Stimmen, die mehr Haushaltsdisziplin fordern – auch im Verteidigungsbudget. Sollte es hier zu Kürzungen kommen, wären genau jene Projekte gefährdet, auf die sich die großen Rüstungskonzerne strategisch ausrichten.
Langfristig bleibt der Auftragspolster stark
Trotz der aktuellen Rückschläge bleibt Northrop Grumman mit einem Auftragsbestand von über 80 Milliarden Dollar solide aufgestellt. Die Nachfrage nach modernen Waffensystemen ist global ungebrochen – nicht zuletzt wegen der sicherheitspolitischen Lage in Osteuropa, im Indopazifik und im Nahen Osten.
Doch die Erwartungen an die operative Umsetzung sind gestiegen. Anleger fordern zunehmend belastbare Renditeversprechen – und weniger technologische Visionen. Für Northrop Grumman bedeutet das: Die nächsten Quartale müssen zeigen, dass das Unternehmen die Kosten beim B-21 in den Griff bekommt – und nicht nur fliegt, sondern auch liefert.
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