29. September, 2024

Unternehmen

Nordsee in der Krise: Schafft die Traditionskette ihr Comeback?

Filialschließungen, Umsatzrückgänge und überalterte Kundschaft – die Fischrestaurant-Kette Nordsee steht vor gewaltigen Herausforderungen. Kann der Neustart gelingen?

Nordsee in der Krise: Schafft die Traditionskette ihr Comeback?
Von 400 Filialen sind nur noch 296 übrig – Nordsee muss weiter sparen und setzt auf Digitalisierung.

Wer in den letzten Jahren eine Nordsee-Filiale besucht hat, der kennt das Bild: ältere Paare, die sich zum Mittagessen ein Fischgericht gönnen. Die Traditionskette Nordsee, einst ein fester Bestandteil vieler Innenstädte, steckt in der Krise. Von ehemals 400 Restaurants sind noch knapp 300 übrig, und auch der Umsatz ist längst nicht mehr, was er mal war.

Vor einigen Jahren war Nordsee noch die Nummer fünf in der deutschen Systemgastronomie.

Doch während sich die Großen der Branche wie McDonald’s oder L’Osteria weiterentwickelt haben, blieb Nordsee stehen – und verliert zunehmend den Anschluss. „Wir waren nie eine hippe Marke“, sagt Kai Bordel, Geschäftsführer der Restaurantkette, unverblümt. Doch genau das soll sich ändern.

Schrumpfkurs statt Expansion

Der Niedergang ist spürbar. Allein im vergangenen Jahr musste Nordsee 20 Filialen schließen. Von den rund 3000 verbliebenen Mitarbeitern arbeiten die meisten in den eigenen Restaurants, ein kleiner Teil in Franchise-Betrieben.

„Wir haben uns von den Einbrüchen durch die Corona-Pandemie nicht vollständig erholt“, gesteht Bordel.

Besonders die Stammkundschaft – überwiegend älter – meidet nach wie vor den Restaurantbesuch.

Doch nicht nur die Pandemie hat Nordsee zugesetzt. Die Konkurrenz schläft nicht. Während die großen Fast-Food-Ketten in Umsatz und Innovation vorpreschen, hinkt Nordsee hinterher. Marken wie McDonald’s oder Subway setzen auf digitale Bestellmöglichkeiten und schnelle Prozesse.

Mit Self-Order-Terminals will Nordsee moderner werden. Doch reicht das, um die Kunden zurückzuholen?

Nordsee reagiert darauf jetzt mit der Einführung von Self-Order-Terminals in einigen Filialen – ein Schritt, der lange überfällig war. „Wir wollen das Erlebnis im Restaurant digitalisieren“, erklärt Bordel. Aber reicht das, um verlorene Kunden zurückzugewinnen?

Innovationen – aber spät

Das Hauptproblem: Nordsee hat es versäumt, rechtzeitig auf neue Trends zu reagieren. Während Burger und Pizza als schnelle, günstige Alternativen florieren, hat die Traditionskette Schwierigkeiten, junge Kunden für Fisch zu begeistern. Experten wie Mark Baumeister von der Gewerkschaft NGG sehen die Ursache in einem fehlenden Innovationsgeist.

„Nordsee muss entscheiden, ob es ein Premiumanbieter oder das McDonald’s für Fisch sein will“, sagt er.

Das Unternehmen steckt irgendwo dazwischen fest.

Die Einführung von Bestellterminals könnte zwar helfen, den Umsatz pro Gast zu steigern – die Zahlen sprechen für sich: In den modernisierten Filialen geben Kunden tatsächlich mehr Geld aus. Doch das allein wird kaum reichen, um das Geschäft wiederzubeleben.

Der Digitalisierungsrückstand ist nur ein Symptom. Auch das Angebot selbst muss attraktiver werden. Nordsee hat zwar ein paar vegane Alternativen im Programm, aber auf den großen Durchbruch wartet die Kette bislang vergeblich.

Mit einem Umsatz von 256 Millionen Euro liegt Nordsee deutlich hinter früheren Erfolgen zurück.

Fisch auf Bestellung

Eine der wenigen wirklichen Neuerungen bei Nordsee ist die Einführung der Produktion „auf Abruf“. Anstatt vorgegarte Fischgerichte in Blechpfannen vor sich hin garen zu lassen, wird jetzt erst nach Bestellung frisch zubereitet. „Das erhöht die Frische und verringert den Schwund“, sagt Bordel. Doch auch hier hat die Konkurrenz längst ähnliche Konzepte etabliert.

Die Frage ist, ob Nordsee es schaffen kann, sich im hart umkämpften Markt neu zu positionieren. Die Zahlen sprechen derzeit eine andere Sprache. Der Umsatz lag 2023 bei 256 Millionen Euro – weit entfernt von den Rekordjahren.

Zudem mehren sich die Herausforderungen: Die Inflation drückt die Kaufkraft, und das Auslaufen der reduzierten Mehrwertsteuer in der Gastronomie sorgt für zusätzlichen Druck. „Wir haben diese Mehrbelastung nicht komplett durch Preiserhöhungen kompensieren können“, erklärt Bordel. Das Ergebnis: Die Kunden bleiben weg.

Blick in die Zukunft

Wie sieht die Zukunft für Nordsee aus? Neue Filialen sind frühestens 2026 geplant, bis dahin geht es vor allem um Konsolidierung. Ob das reicht, um die Traditionskette zu retten, ist ungewiss. „Wir werden in diesem Jahr kämpfen müssen, um die Vorjahreszahlen zu erreichen“, sagt Bordel. Es wird ein steiniger Weg.

Doch eines ist klar: Nordsee ist mehr als nur eine Marke. Für viele Deutsche ist die Kette eine Kindheitserinnerung, ein fester Bestandteil der Einkaufsmeilen. Doch Nostalgie allein reicht nicht aus, um am Markt zu bestehen. Der Druck auf Bordel und sein Team ist enorm. Ob sie es schaffen, die Marke wieder flott zu machen, wird sich zeigen.