Nio, ein bedeutender Akteur auf dem chinesischen Markt für Elektrofahrzeuge, hat sich stets als weitaus mehr als nur ein Automobilhersteller positioniert. Mit innovativen Technologien wie Feststoffbatterien und Batteriewechselstationen sowie einem eigenen Smartphone-Segment und Lifestyle-Geschäften sorgt das Unternehmen für Aufsehen. Doch das vergangene Jahr war für Nio alles andere als stabil: Die Aktie büßte ganze 51 % ihres Werts ein – ein Rückgang, der Analysten und Anleger gleichermaßen Rätsel aufgibt.
Ein genauerer Blick auf die Geschäftsberichte des Jahres 2024 zeigt ein Wechselspiel der Erwartungen und Ergebnisse. Zwar verfehlte Nio zu Beginn des Jahres die Gewinnprognosen der Wall Street, erlebte jedoch ein Rekordhoch bei den EV-Auslieferungen im zweiten Quartal. Dies brachte zusätzliche Marktanteile ein und übertraf die Gewinnerwartungen. Doch das dritte Quartal enttäuschte erneut, obwohl die Aktie an diesem Tag leicht zulegen konnte. Diese Schwankungen unterstreichen die spekulative Natur der Aktie.
Der dramatische Kursverlust von 51 % lässt sich jedoch nicht ausschließlich mit diesen Quartalszahlen erklären. Der Ursprung des Problems liegt im aggressiven Preiskrieg auf dem Heimatmarkt China, wo Hersteller verzweifelt um Marktanteile konkurrieren und Preissenkungen fordern. Eine geleakte Notiz von BYD, einem weiteren chinesischen EV-Riesen, macht deutlich, dass die Lieferanten unter Druck stehen, ab 2025 die Preise um 10 % zu senken.
China fördert seine EV-Hersteller stark, was ihnen bei der Entwicklung und Markteinführung zugute kommt. Diese Subventionen haben dazu beigetragen, dass erschwingliche und fortschrittliche EV-Modelle entwickelt wurden, sodass im Juli mehr als die Hälfte des Fahrzeugmarkts dort elektrifiziert war. Angesichts dieser Marktdynamik warnte John Murphy, Analyst bei der Bank of America, dass der Rückzug der "Detroit Three" aus China unvermeidlich sein könnte.
Neben den heimischen Herausforderungen kämpft Nio jedoch auch mit Schwierigkeiten auf dem Exportmarkt. In Europa erwiesen sich die gestiegenen Zölle als erhebliche Belastung. Seit Kurzem unterliegen Nios Fahrzeuge innerhalb der Europäischen Union einem Zollsatz von 31 %, verglichen mit früher 10 %.