Die Zinsfalle: Sparkassen und Volksbanken im Hintertreffen
Eineinhalb Jahre nach der Zinswende der Europäischen Zentralbank (EZB) zeigt sich ein deutlicher Unterschied in der Zinspolitik der deutschen Bankenlandschaft. Während einige private Banken und Onlineinstitute ihre Zinsen anheben, hinken Sparkassen und Volksbanken hinterher.
Laut einer Untersuchung des Vergleichsportals Verivox bieten 10 Prozent der Genossenschaftsbanken und 7 Prozent der Sparkassen ihren Kunden keine Zinsen auf Tagesgeld. Dieser Trend spiegelt sich auch in den Festgeldzinsen wider.
Onlinebanken im Vorteil: Höhere Zinsen locken Kunden
Die durchschnittlichen Tagesgeldzinsen bei Volksbanken und Sparkassen liegen bei mageren 0,6 Prozent. Im Gegensatz dazu bieten bundesweit aktive Banken deutlich höhere Zinsen, durchschnittlich 1,71 Prozent.
Allerdings sind diese attraktiven Zinssätze häufig zeitlich begrenzt und gelten meist nur für Neukunden.
Die Konsequenzen: Einlagenrückgang bei traditionellen Instituten
Diese zögerliche Zinsweitergabe der Sparkassen und Volksbanken, kombiniert mit der Inflation, führt erstmals seit über zwei Jahrzehnten zu einem Rückgang der Einlagen.
Der Einlagenbestand der Sparkassen sank bis Ende November 2023 um 1,7 Prozent auf 1,17 Billionen Euro, während die Einlagen bei den Volksbanken um 0,8 Prozent auf 855 Milliarden Euro zurückgingen. Im Gegensatz dazu konnten private Banken ihre Einlagen um sechs Prozent steigern, wobei Direktbanken besonders profitierten.
Die Herausforderung der Fristendiskrepanz
Der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) erklärt die geringe Zinspolitik mit der Diskrepanz zwischen kurzfristig fälligen Einlagen und langfristigen Krediten wie Baufinanzierungen. Diese Herausforderung macht das Zinsmanagement für Banken anspruchsvoll, da die Zinsen auf Festgeld schneller steigen als auf Tagesgeld.
Reaktion der Institute: Fokus auf mittel- bis langfristige Anlagen
Die Sparkasse Bochum verweist darauf, dass Tagesgeldkonten derzeit nicht aktiv angeboten werden, da Kunden eher mittel- bis langfristige Anlagen nachfragen. Ähnlich argumentiert der Deutsche Sparkassen- und Giroverband, der Kunden auf mittelfristige Anlageformen hinweist, um attraktive Zinsen langfristig zu sichern.
Interne Kritik und Marktvertrauen
Innerhalb der Sparkassen-Finanzgruppe mehrt sich Kritik an der geringen Verzinsung. Der neue Sparkassenpräsident Ulrich Reuter räumt ein, dass die zurückhaltende Zinspolitik das Marktvertrauen belastet hat. Diese Einschätzung bestätigt auch sein Vorgänger, Helmut Schleweis.
Insgesamt steht das traditionelle Bankwesen in Deutschland vor der Herausforderung, im Wettbewerb mit innovativen Onlinebanken und attraktiven Zinsangeboten zu bestehen. Die Diskrepanz in der Zinspolitik zwischen den lokalen Instituten und den bundesweit agierenden Banken könnte langfristige Auswirkungen auf das Sparverhalten und das Vertrauen der Kunden haben.