Im Streben nach einer Optimierung der Organspende-Praxis in Deutschland bahnt sich eine bemerkenswerte Gesetzesänderung an, die in der politischen Arena für hitzige Debatten sorgt. Der Deutsche Bundestag widmet sich einer fraktionsübergreifenden Initiative zur Einführung einer Widerspruchsregelung, bei der jeder Bürger grundsätzlich als potenzieller Organspender gilt, es sei denn, er widerspricht ausdrücklich. Die Umsetzung vor der anberaumten Neuwahl am 23. Februar bleibt ungewiss.
Ein von Abgeordneten der SPD, FDP, Grünen, Union und Linken entworfener Gesetzesentwurf sieht vor, das derzeitige Transplantationsgesetz zu modifizieren. Diese Änderung soll ermöglichen, dass Organentnahmen künftig auch dann vorgenommen werden können, wenn ein volljähriger und einwilligungsfähiger Bürger dem nicht zentral widersprochen hat. Der Entwurf legt besonderen Wert darauf, das individuelle Recht auf eine bewusste Entscheidung über Organ- oder Gewebespenden zu wahren und sieht umfassende Aufklärungsmaßnahmen für Bürger vor.
Diese Initiative markiert den zweiten Versuch der Befürworter, nachdem 2020 ein ähnlicher Vorstoß scheiterte. Damals entschied sich der Bundestag für das Beibehalten des Zustimmungsprinzips, wobei ein zentralisiertes Online-Register zur Dokumentation der Entscheidungen eingeführt wurde. Die verspätete Umsetzung dieses Registers stieß jedoch auf Kritik, auch wenn es mittlerweile 212.000 Einträge verzeichnet, von denen sieben Prozent als Widerspruch gelten.
Die Dringlichkeit der Änderung liegt in der schieren Notwendigkeit, die ein Bedürfnis nach Organen wie Nieren, Lebern und Herzen seit Jahren klar macht. Im vorangegangenen Jahr wurden 965 Organspenden registriert, während auf den Wartelisten noch 8.400 Patienten auf ihre lebensnotwendige Transplantation warten, wie die Deutsche Stiftung Organtransplantation berichtet.
Politische Unterstützung für den Gesetzesentwurf zählt etwa 220 der 733 Abgeordneten und umfasst prominente Namen wie Gesundheitsminister Karl Lauterbach und Kanzler Olaf Scholz. Der Entwurf wird zur weiteren Beratung in den Gesundheitsausschuss überwiesen. Über den weiteren Verlauf und eine mögliche Abstimmung ohne Fraktionszwang herrscht noch Ungewissheit. Bedenken über eine seriöse Beratung derart grundlegender Fragen in der kurzen verbleibenden Zeit bis zur Wahl äußern sich bereits aus der Union.