Die politische Landschaft im Nahen Osten erlebt eine tektonische Verschiebung. Eine neue Realität formiert sich, nachdem syrische Rebellen diese Woche das iranische Konsulat in Damaskus stürmten. Der Vorfall markiert das bisher größte territoriale Desaster Irans seit Jahren. Zehntausende Kilometer entfernt in Iran, manifestiert sich Freude unter den Menschen über den Fall des einstigen Verbündeten Bashar al-Assad. Die Hoffnung wächst, dass sich die Winde des Wandels bald auch in Teheran drehen könnten.
Irans Suprem macht Ayatollah Ali Khamenei weilt noch in der Überzeugung, Iran stünde an seinem Zenit, jedoch scheinen die Geschehnisse dem Land zunehmend zu entgleiten. 2015 erschien ihm der Einfluss Irans unerschütterlich, gesichert durch das Nuklearabkommen mit den USA. Doch bereits 2018 veranlassten verschärfte Sanktionen der Trump-Regierung einen wirtschaftlichen Niedergang. Der Tod von Qassem Suleimani im Jahr 2020 und jüngst die Niederlage seiner regionalen Verbündeten wie Hamas und Hizbullah machten Hoffnung zur Mangelware.
Während politischer Unsicherheiten zieht das Land seine Bürger aus Syrien zurück. Das plötzliche Machtvakuum wird nun von regionalen Rivalen wie Israel und der Türkei gefüllt. Khamenei irritiert, fasste die Ereignisse in Syrien jüngst in einem Fernsehauftritt als ein Resultat eines gemeinsamen Angriffs Israels und Amerikas zusammen.
Die Revolutionsgarde versucht trotz der prekären Lage, die Oberhand zurückzugewinnen. Allianzen und vermeintliche Freundschaften wie jene mit Assad enttarnten sich als trügerisch, als er im Angesicht seines Scheiterns unberechenbar wurde. Militärische Unterstützung blieb aus, als Israel über Monate hinweg iranische Kommandanten attackierte. Einige im Iran vermuten bereits eine Kollusion Assads mit Israel.
Angesichts eines politischen Handlungsdrucks gewinnt die Reformbewegung innerhalb Irans an Bedeutung. Diese hofft auf einen Rückzug der Streitkräfte und eine stärkere wirtschaftspolitische Orientierung des Landes. Die Euphorie über eine Umkehr der Außenpolitik ist jedoch gebremst. Die Sorgen der iranischen Bevölkerung über wirtschaftliches Elend und politische Stagnation bestehen fort, wenngleich die Regierung stark genug erscheint, um ein Schicksal wie das Assads zu vermeiden. Ein erneuter Volksaufstand scheint zum jetzigen Zeitpunkt unwahrscheinlich, jedoch bleibt die Frage nach der Standfestigkeit des Regimes.