06. Oktober, 2024

Technologie

Neuanfang in der Raumfahrt: Europa setzt auf Ariane 6

Neuanfang in der Raumfahrt: Europa setzt auf Ariane 6

Europa strebt nach unabhängigerem Zugang zum Weltraum mit dem Erstflug der neuen Schwerlastrakete Ariane 6, der von Französisch-Guayana aus stattfinden soll. Seit dem Ruhestand der Ariane 5 im Juli letzten Jahres, die einst als eine der weltweit zuverlässigsten Raketen galt, hat die Europäische Weltraumorganisation ESA auf Elon Musks SpaceX setzen müssen, um ihre sensibelsten Satelliten in den Orbit zu bringen. Ariane 6 verspricht mehr Flexibilität mit einer restartbaren Oberstufe, die Satelliten in verschiedene Orbits in einer einzigen Mission transportieren kann.

Nach vier Jahren Verzögerung und einem Preisschild von etwa 4 Milliarden Euro steht die 56 Meter hohe Ariane 6 nun vor ihrem ersten Flug. Der Start ist für den Zeitraum zwischen 15 und 19 Uhr Ortszeit geplant. Bereits mehr als zehn Stunden davor, noch vor Tagesanbruch über dem weiten, bewaldeten Gebiet in Südamerika, wo sich das Guiana Space Centre (CSG) befindet, beginnen die Ingenieure mit dem offiziellen Countdown. Nahezu 50 Prozent der Erstflüge schlagen fehl, was den Erfolg dieses Missionsstarts besonders kritisch macht.

Im Kontrollzentrum Jupiter wird Raymond Boyce, Direktor des Startbereichsbetriebs, auf einem riesigen Bildschirm den Status der Systeme überwachen, der Wetter, Telemetrie und andere Faktoren abdeckt. Der Status wechselt von Rot auf Grün, während die Ingenieure im etwa vier Kilometer vom Startplatz entfernten Bunker des Startzentrums jede Aufgabe abschließen. In einem anderen Raum befinden sich vier Vertreter der französischen Weltraumagentur CNES, die die Mission abbrechen sollen, falls eine Gefahr für die lokale Bevölkerung besteht.

Nach intensiven Tests am Countdownsystem und an der Datenübertragung von den sieben Bodenstationen, die sich von Bermuda bis Australien erstrecken, werden etwa fünfeinhalb Stunden vor dem Start Wetterdaten zur endgültigen Genehmigung bereitgestellt. Das größte Wetterrisiko besteht in Blitzen, insbesondere in einer Entfernung von 10 bis 20 Kilometern vom Startplatz, was die Mission zum Stillstand bringen könnte.

Wenn die Treibstofftanks etwa vier Stunden vor dem Start mit flüssigem Sauerstoff und Wasserstoff gefüllt werden, laufen die Kommunikationstests zwischen der Rakete und der Basis. Zwei weitere wichtige Meilensteine sind: Zwanzig Minuten vor dem Start beginnt das letzte Zeitfenster für einen Abbruch aufgrund von Höhenwinden und zehn Minuten später wird das letzte detaillierte Wetterbriefing gegeben.

Fünf Minuten vor dem Start wechselt der Countdown in seine automatisierte Phase, wobei der Start automatisch gestoppt wird, wenn ein System im Kontrollraumbildschirm rot aufleuchtet. Manuell kann die Mission noch bis sieben Sekunden vor dem Abheben abgebrochen werden, wenn die Vulcan-Triebwerke der Rakete zünden. Kurz vor dem Start wird ein Wasserstrom auf die Startrampe freigesetzt, um Lärm zu dämpfen und Hitzeschäden zu vermeiden.

Die letzten Sekunden vor dem Start sind entscheidend: Falls die "kryogenen" Arme die Rakete nicht freigeben, könnte dies eine Zerstörung im Umkreis verursachen. Nach der Freigabe beginnt die 540 Tonnen schwere Rakete ihre zweistündige und 40-minütige Mission, um 17 Satelliten und Experimente ins All zu transportieren. Neben der ESA und Nasa profitieren auch Universitäten und Start-ups vom Service der Ariane 6.

Trotz aller Vorbereitungen bleibt das Risiko eines Misserfolgs bestehen. Doch selbst bei Problemen können wertvolle Lehren aus dem Erstflug gezogen werden. Insbesondere das Verhalten der restartbaren Oberstufe steht im Fokus der Tests.