Ein Box-Event, das Geschichte schreiben sollte
Es klang nach einem perfekten Coup: Der 58-jährige Mike Tyson, eine Ikone des Boxsports, kehrt nach fast zwei Jahrzehnten zurück in den Ring. Sein Gegner? Der Influencer Jake Paul, der als Social-Media-Phänomen längst die Welt des Boxens für sich entdeckt hat.
Netflix inszenierte den Kampf als mediales Großereignis, das nicht nur Millionen neue Abonnenten locken, sondern auch die Position des Streaming-Giganten im Live-Segment stärken sollte.
Doch statt eines gefeierten Sieges wurde das Event zum Lehrstück, wie Marketingversprechen und Realität schmerzhaft aufeinandertreffen können.
Technisches KO für Netflix
Bereits während der Vorkämpfe begann das Drama: Nutzer meldeten weltweit Streaming-Ausfälle, Verbindungsabbrüche und Ladeprobleme. Als der Hauptkampf schließlich begann, war der Stream für viele Zuschauer schlicht nicht erreichbar. Auf der Plattform X wurde Netflix zur Zielscheibe des Spotts – das Hashtag #NetflixFail trendete innerhalb weniger Minuten.
Die Ursache? Offenbar hatte der Ansturm der Zuschauer das System überfordert. Ein technisches Debakel, das den ambitionierten Vorstoß von Netflix ins Live-Segment erheblich dämpfen könnte.
Für viele Beobachter war der missglückte Box-Abend ein warnendes Beispiel dafür, dass Live-Streaming noch immer eine Herausforderung für Anbieter ist, die sich traditionell auf On-Demand-Inhalte konzentrieren.
Das sportliche Ergebnis – zur Nebensache degradiert
Während Netflix unter dem Druck des technischen Chaos zusammenbrach, bot der Boxkampf selbst ein überraschend klares Bild: Mike Tyson, der aggressive Beginn und eine gute erste Runde, konnte gegen den 31 Jahre jüngeren Jake Paul nicht bestehen.
Tyson verlor deutlich nach Punkten, obwohl er in den Anfangsminuten mehr Treffer landete und seine Boxkünste aufblitzen ließ. Doch ab Runde drei dominierte Paul, traf mehrfach und ließ den Ex-Champion straucheln.
Für die 72.300 Zuschauer vor Ort in Dallas war es dennoch ein denkwürdiger Abend, während das Millionenpublikum vor den Bildschirmen größtenteils im Dunkeln blieb.
Jake Paul, der erst 2020 seine Karriere als Boxer begann, feierte mit seinem elften Sieg im zwölften Kampf den nächsten Meilenstein. Für Tyson war es dagegen wohl der endgültige Abschied vom Boxsport – ein Comeback, das keine Legende retten konnte.
Ein kostspieliges Lehrgeld
Das Event, dessen Produktionskosten und PR-Budget auf über 100 Millionen US-Dollar geschätzt werden, hat Netflix mit Sicherheit nicht die erhoffte Rendite eingebracht. Während sich Amazon Prime Video mit der Übertragung von Live-Sport längst etabliert hat, wirkt Netflix’ Vorstoß ins Live-Segment nun wie ein teures Experiment.
Analysten sehen den missglückten Abend als herben Rückschlag für die Streaming-Plattform. „Netflix hat ein immenses Budget in dieses Projekt gesteckt, aber keine Rücklagen für technische Herausforderungen eingeplant“, so ein Branchenexperte.