26. August, 2024

Politik

NATO übergeht Georgien: Ex-Sowjetstaat sieht sich im Abseits – Opposition fordert Richtungswechsel

NATO übergeht Georgien: Ex-Sowjetstaat sieht sich im Abseits – Opposition fordert Richtungswechsel

Die Nato-Gipfelerklärung aus Washington hat viele Beobachter überrascht: Erstmals wurde der mögliche Beitritt Georgiens nicht explizit erwähnt. In den Vorjahren war das westliche Bündnis bestrebt, den kleinen Staat im Südkaukasus als wichtigen Partner hervorzuheben. Georgiens Verteidigungsminister Irakli Tschikowani relativierte den fehlenden Verweis und betonte, dass das Bündnis nach wie vor offen für Staaten aus der Region sei und er weiterhin von einer künftigen Mitgliedschaft überzeugt sei.

Tschikowani unterstrich jedoch die Bedeutung des Nato-Forderns nach einem Abzug russischer Truppen aus den abtrünnigen georgischen Gebieten Abchasien und Südossetien. Trotz dieser Aussage deuten Experten die Lücke im Kommuniqué als Ausdruck der Verärgerung der NATO über Georgiens zunehmend antiwestlichen Kurs. Seit dem Nato-Gipfel 2008 in Bukarest ist Georgien ein potenzieller Beitrittskandidat und erhielt Ende 2023 auch den Status eines EU-Beitrittskandidaten.

Im Frühjahr 2023 sorgte die Führung der Partei Georgischer Traum für Aufsehen, als sie gegen massive Proteste ein umstrittenes Gesetz durchdrückte. Dieses Gesetz, nach Moskauer Vorbild gestaltet, sollte offiziell den ausländischen Einfluss auf die Zivilgesellschaft regulieren. Kritiker befürchten jedoch, dass es genutzt wird, um unabhängige Medien und die Zivilgesellschaft zu gängeln. So stellte ein EU-Gipfel im Juni fest, dass die Beitrittsbemühungen Georgiens aufgrund dieses Gesetzes faktisch auf Eis liegen.

Infolgedessen wurden Mittel für Reformen im Militärbereich gesperrt und die USA sagten ein geplantes gemeinsames Manöver ab. Diese Entwicklungen führen zu harschen Vorwürfen der georgischen Opposition gegen die aktuelle Regierung. Oppositionspolitiker Jago Kwitschia von der Partei Girtschi machte die antiwestliche Politik der regierenden Partei Georgischer Traum unter dem verdeckten Einfluss des Milliardärs Bidsina Iwanischwili für die Strategiewechsel verantwortlich.

Die Vorsitzende der Vereinten Nationalbewegung, Tina Bokutschawa, rief dazu auf, geeint die anstehenden Wahlen am 26. Oktober zu gewinnen, um Georgien wieder auf den Pfad der euroatlantischen Integration zu bringen. Ministerpräsident Irakli Kobachidse äußerte sich in einer Kabinettssitzung zu den jüngsten Entwicklungen und bezeichnete das Aussetzen der Hilfen zur Militärreform seitens der westlichen Partner als unglücklich. Er betonte, dass die Erwartungen Georgiens für einen Neustart der Beziehungen enttäuscht seien.