Die Nationale Armutskonferenz (NAK) hat kurz vor der anstehenden Bundestagswahl deutliche Forderungen nach umfassenden Reformen der sozialen Sicherungssysteme, insbesondere zur Unterstützung von Kindern und Jugendlichen, gestellt. In einem in Berlin veröffentlichten Bericht erklärt die NAK die Armutsbekämpfung zu einem verpflichtenden sozialstaatlichen Ziel, das konkret und sicher finanziert werden müsse. Der Zugang zu sozialen Hilfen soll vereinfacht und entstigmatisiert werden, da über ein Drittel der Berechtigten aus Unwissenheit oder Scham keine Leistungen in Anspruch nimmt.
2022 waren in Deutschland 17,7 Millionen Menschen von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht. Besonders betroffen sind Alleinlebende, Alleinerziehende sowie Familien mit drei oder mehr Kindern. Frauen stehen dabei noch stärker im Fokus der Armutsgefährdung, vor allem im Alter.
Die NAK setzt in ihrer Kritik auf die Gesundheitsversorgung und den familiären Kontext als zentrale Themen. Die derzeitige Gesundheitsvorsorge orientiere sich zu stark an den Bedürfnissen der Mittelschicht. Neue, leicht zugängliche Gesundheitsangebote in sozialen Brennpunkten sowie ein bundesweiter Dolmetscherdienst könnten hier Abhilfe schaffen. Zudem könnte das Thema Gesundheit in Schulen stärker integriert werden.
In Bezug auf Familien fordert die NAK die Einführung einer ausreichend finanzierten Kindergrundsicherung. Diese solle idealerweise alle bislang verfügbaren Leistungen bündeln, um den Zugang für Bedürftige zu erleichtern. Die statistische Armutsgrenze in Deutschland liegt bei einem Einkommen unter 60 Prozent des mittleren Einkommens. 2022 bedeutete dies ein Jahreseinkommen von unter 15.765 Euro für Alleinlebende. 26,4 Prozent der alleinlebenden Personen, 23,7 Prozent der alleinerziehenden Haushalte und 22,7 Prozent der Familien mit drei oder mehr Kindern waren von Armut bedroht.