24. April, 2025

Unternehmen

Nächster Domino fällt – Bohai Trimet meldet Insolvenz an

Der Autozulieferer Bohai Trimet ist insolvent. 678 Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel. Die Pleite zeigt, wie hart die Transformation zur Elektromobilität für deutsche Zulieferer wirklich ist.

Nächster Domino fällt – Bohai Trimet meldet Insolvenz an
Das Werk in Harzgerode steht still – Bohai Trimet war mit 580 Beschäftigten der größte Arbeitgeber vor Ort. Die Pleite trifft eine ohnehin strukturschwache Region ins Mark.

Wenn in Harzgerode ein Unternehmen fällt, ist es nicht einfach nur ein wirtschaftliches Ereignis – es trifft eine ganze Region. Mit der Insolvenz von Bohai Trimet verliert Sachsen-Anhalt seinen größten industriellen Arbeitgeber. 678 Mitarbeiter bangen um ihre Zukunft, davon allein 580 am Standort Harzgerode. Die Insolvenz ist kein Einzelfall – sie ist Symptom eines großen Umbruchs.

Vom Hoffnungsträger zur Baustelle

Bohai Trimet galt einst als Paradebeispiel für gelungene deutsch-chinesische Industriekooperation. Der Aluminiumkonzern Trimet verkaufte 2018 seine Autozuliefersparte an den chinesischen Konzern Bohai Automotive. "International wettbewerbsfähig" hätte das neue Joint Venture sein sollen. Heute ist klar: Die Strategie ging nicht auf.

Schon 2024 wurden 150 Stellen abgebaut, im Februar folgte Kurzarbeit. Jetzt die vorläufige Insolvenz. Als Insolvenzverwalter wurde Olaf Spiekermann bestellt, ein erfahrener Sanierer, der den Betrieb vorerst aufrechterhalten will – und Investoren sucht.

Die Unsichtbare Rezession der Zulieferer

Der Fall Bohai Trimet reiht sich ein in eine ganze Serie von Insolvenzen mittelständischer Automobilzulieferer, die im Windschatten des Strukturwandels untergehen.

Allein in Sachsen-Anhalt meldete im März bereits die Boryszew Kunststofftechnik Insolvenz an. Für viele kleine und mittlere Zulieferer wird die Umstellung von Verbrennerkomponenten auf E-Mobilität zur Existenzfrage. Es fehlt an Kapital, technologischem Zugang und Zeit.

Eine Studie von Prognos rechnet mit bis zu 190.000 wegfallenden Jobs in der deutschen Zulieferindustrie bis 2035. Bereits jetzt wurden 46.000 Stellen gestrichen. Besonders betroffen: Hersteller klassischer Verbrennungstechnik, wie sie Bohai Trimet liefert.

Der Insolvenzverwalter sucht Investoren, der Betrieb geht vorerst weiter. Doch ohne schnelle Einigung droht nicht nur der Verlust von fast 700 Arbeitsplätzen, sondern auch der Zusammenbruch ganzer Lieferketten.

E-Mobilität als Brandbeschleuniger

Der Umstieg auf E-Mobilität wirkt wie ein Seismograph für industrielle Stabilität. Wer nicht schnell genug umrüstet oder sich nicht klar positioniert, verliert.

Hinzu kommen die bekannten Probleme: Hohe Energiekosten, Lieferkettenrisiken, schwache Nachfrage, Inflation. Und ein chinesischer Eigentümer, der zuletzt vor allem durch Distanz auffiel.

Was jetzt noch bleibt

Das Amtsgericht Halle (Saale) hat den vorläufigen Insolvenzverwalter eingesetzt. Die Produktion läuft weiter, doch die Uhr tickt. Ohne Investor droht die Abwicklung. Für Harzgerode wäre das nicht weniger als ein Strukturbruch. Die Politik hat bisher kaum reagiert.

Die Insolvenz von Bohai Trimet ist mehr als eine Schlagzeile. Sie ist ein Weckruf. Die Industriepolitik in Deutschland muss nicht nur grün, sondern auch sozial und realistisch sein. Denn der Weg zur klimaneutralen Mobilität darf nicht über den Ruinen des industriellen Mittelstands verlaufen.

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