Ein Milliardenbetrag für Täuschung?
Deutsche Autofahrer haben unwissentlich einen enormen Beitrag zu einem der größten Umweltskandale der letzten Jahre geleistet. Rund eine Milliarde Euro flossen über Tankstellen-Abgaben in sogenannte „Upstream Emission Reduction“-Projekte (UER), die angeblich CO₂-Emissionen in der Öl-Lieferkette reduzieren sollten. Doch laut dem Umweltbundesamt (UBA) stehen 45 von 66 solcher Projekte in China unter Betrugsverdacht.
Diese Projekte, die von Mineralölkonzernen genutzt werden, um ihre gesetzlich vorgeschriebenen Klimaziele zu erreichen, sollen laut UBA-Präsident Dirk Messner nicht den geforderten Standards entsprechen. Messner sprach von einer „Täuschung ungekannten Ausmaßes“ und bezeichnete den Skandal als „Super-GAU“.
Hintergründe des Skandals
Das System hinter den UER-Projekten ermöglicht es Mineralölunternehmen, ihre Klimabilanzen aufzubessern, indem sie in Projekte investieren, die im Ausland Emissionen senken. Für jedes anerkannte Projekt werden entsprechende CO₂-Einsparungen gutgeschrieben – Kosten, die letztlich auf die Verbraucher umgelegt werden.
Doch eine neue Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) zeigt: Viele der in China angeblich umgesetzten Projekte existieren nicht oder erfüllen die geforderten Kriterien nicht. Prüfgesellschaften, die die Projekte zertifiziert haben, stehen im Zentrum des Verdachts.
Seit Juli ermittelt die Generalstaatsanwaltschaft Berlin gegen 17 Beschuldigte wegen gewerbsmäßigen, gemeinschaftlichen Betrugs. Stefan Gerwens vom ADAC fordert klare Antworten: „Wenn sich der Betrugsverdacht bestätigt, muss offengelegt werden, wohin das Geld geflossen ist. Autofahrer möchten nicht für Betrug bezahlen.“
Politische Verantwortung: Wer trägt die Schuld?
Die Opposition wirft Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) vor, die Kontrolle der Projekte vernachlässigt zu haben. CSU-Umweltexpertin Anja Weisgerber kritisierte Lemke scharf: „Sie hat die politische Verantwortung für einen der größten Umweltskandale der Bundesrepublik.“
Lemke hingegen weist die Vorwürfe zurück und verweist auf die Vorgängerregierung. Das fehleranfällige System sei bereits vor ihrer Amtszeit etabliert worden. „Unsere Konsequenz war, dieses System zu beenden“, erklärte sie. Dennoch bleibt die Frage: Warum wurden die Kontrollmechanismen nicht früher verschärft?
Diplomatische Folgen und ein beschädigtes Vertrauen
Die Auswirkungen des Skandals reichen weit über Deutschland hinaus. Die Enthüllungen belasten die deutsch-chinesischen Beziehungen, da viele der betroffenen Projekte in China angesiedelt sind.
Das Umweltbundesamt sieht sich derweil einem massiven Vertrauensverlust gegenüber. Kritik gibt es auch an den Zertifizierungsprozessen, die offenbar weitgehend ungeprüft blieben.
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