23. September, 2024

Energy

Microsoft setzt auf Atomstrom: Stillgelegter US-Reaktor muss für Rechenzentren reaktiviert werden

Microsoft treibt die Energiewende mit Atomkraft voran. Ein Reaktor des stillgelegten Atomkraftwerks Three Mile Island wird wieder ans Netz gebracht, um die steigenden Energieanforderungen für Künstliche Intelligenz zu decken.

Microsoft setzt auf Atomstrom: Stillgelegter US-Reaktor muss für Rechenzentren reaktiviert werden
Der wachsende Energiebedarf durch Künstliche Intelligenz zwingt Microsoft zu ungewöhnlichen Lösungen – der Reaktor von Three Mile Island soll ab 2027 Strom liefern, trotz der Risiken, die mit Atomkraft verbunden sind.

Microsoft geht einen ungewöhnlichen Weg, um den wachsenden Energiebedarf seiner Rechenzentren zu decken: Ein stillgelegter Atomreaktor in den USA soll wieder hochgefahren werden, um Strom für den Tech-Giganten zu liefern.

Der Reaktor, Teil der berüchtigten Anlage Three Mile Island, die 1979 durch einen Reaktorunfall weltweite Schlagzeilen machte, wird nach Jahren der Ruhe wieder ans Netz gehen.

Atomstrom für die Zukunft der KI

Warum Atomkraft? Microsoft setzt derzeit stark auf Künstliche Intelligenz (KI) und hat mit seinem Partner OpenAI, dem Schöpfer von ChatGPT, bereits KI-Technologien in viele seiner Produkte integriert. Doch KI-Anwendungen haben einen hohen Energiebedarf – deutlich höher als klassische Anwendungen.

Laut Schätzungen von Goldman Sachs verbraucht eine einzige Anfrage bei ChatGPT sechs- bis zehnmal mehr Energie als eine einfache Google-Suche. Das lässt den Energiebedarf der Rechenzentren in die Höhe schnellen, und Microsoft braucht eine Lösung, die verlässlich und dauerhaft ist.

Quelle: Eulerpool

Bisher hat sich das Unternehmen vor allem auf erneuerbare Energien wie Wind- und Solarenergie konzentriert, um seine ehrgeizigen Klimaziele zu erreichen. Bis 2030 will Microsoft mehr CO2 aus der Atmosphäre entfernen, als es produziert.

Und bis 2050 sollen sogar alle Emissionen, die jemals durch das Unternehmen entstanden sind, ausgeglichen werden. Doch angesichts der unstetigen Verfügbarkeit von Wind und Sonne und des rasant steigenden Strombedarfs durch KI setzt Microsoft jetzt auf eine stabilere, aber kontroverse Energiequelle: Atomkraft.

Microsofts ehrgeizige Klimaziele geraten durch den massiven Energiebedarf der KI-Technologien unter Druck. Jetzt soll Atomstrom die Lücke füllen, die erneuerbare Energien nicht decken können.

Eine außergewöhnliche Partnerschaft

Die Betreiberfirma Constellation Energy, die den Reaktor 2019 wegen Unwirtschaftlichkeit stillgelegt hatte, kündigte an, dass der Reaktor bis 2027 wieder laufen könnte.

Microsoft hat sich vertraglich verpflichtet, die produzierte Energie über einen Zeitraum von 20 Jahren abzunehmen. Für die USA wäre es das erste Mal, dass ein abgeschaltetes Atomkraftwerk wieder in Betrieb geht.

Microsofts Bobby Hollis betonte in einem Interview, dass Atomkraftwerke im Gegensatz zu Windrädern oder Solaranlagen eine kontinuierliche Stromversorgung gewährleisten. „Wir laufen rund um die Uhr, sie laufen rund um die Uhr“, so Hollis gegenüber Bloomberg.

Quelle: Eulerpool

Three Mile Island – ein Ort mit Geschichte

Three Mile Island ist kein gewöhnlicher Kraftwerksstandort. 1979 ereignete sich hier die bislang schwerste Katastrophe in der Geschichte der US-Atomenergie. Eine teilweise Kernschmelze im benachbarten Reaktor führte dazu, dass radioaktive Strahlung in die Umgebung entwich und mehr als 200.000 Menschen vorübergehend evakuiert werden mussten.

Dieser Zwischenfall hat das öffentliche Vertrauen in Atomenergie nachhaltig erschüttert. Dass gerade dieser Standort jetzt für eine neue Ära der Energieversorgung genutzt wird, mag für viele überraschend sein.

Für Constellation Energy und Microsoft könnte das Projekt jedoch ein Modell für die Zukunft sein: eine Mischung aus erneuerbaren Energien und Atomkraft, um den wachsenden Energiehunger der Tech-Industrie zu stillen. Ob der Plan langfristig aufgeht, wird auch davon abhängen, wie die Gesellschaft den Wiedereinsatz von Atomkraft bewertet – einer Technologie, die in den USA lange als gescheitert galt.