Starke Zahlen, starker Ausblick
Der Markt hatte mit einem soliden Quartal gerechnet – Micron lieferte ein glänzendes. Umsatz, Gewinn, Ausblick: Alles besser als erwartet. Doch was das zweite Geschäftsquartal des US-Speicherchip-Giganten so bemerkenswert macht, ist nicht allein die operative Leistung.
Es ist das Signal, das von diesen Zahlen ausgeht: Der KI-Boom beginnt, den Halbleitermarkt strukturell zu verändern – und Micron steht als Zulieferer der zweiten Reihe plötzlich wieder im Rampenlicht.
Umsatz- und Gewinnsprung – mehr als ein Rebound
Der Speicherchip-Hersteller mit Sitz in Boise, Idaho, meldete für das am 27. Februar beendete Quartal einen Umsatz von 8,05 Milliarden Dollar – ein Anstieg von 38 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Analysten hatten lediglich 7,92 Milliarden erwartet. Noch stärker fiel der Gewinnsprung aus: Der Gewinn je Aktie erreichte 1,56 Dollar – fast viermal so viel wie im Vorjahresquartal (0,42 Dollar) und klar über der Konsensschätzung von 1,43 Dollar.
Unterm Strich verdoppelte sich der Gewinn auf knapp 1,6 Milliarden Dollar. In einem Marktumfeld, das bis vor Kurzem noch von Überkapazitäten, schwächelnder PC-Nachfrage und Lagerbestandsabbau geprägt war, ist das ein bemerkenswerter Turnaround.
KI als Wachstumstreiber – diesmal nachhaltig?
Die große Frage lautet: Ist das nur eine Momentaufnahme oder der Beginn eines strukturellen Aufschwungs? Der Ausblick deutet auf Letzteres hin. Für das laufende dritte Geschäftsquartal erwartet Micron einen Umsatz von 8,8 Milliarden Dollar – plus/minus 200 Millionen.
Das läge nicht nur erneut über den aktuellen Konsensprognosen, sondern wäre auch der höchste Quartalsumsatz seit dem KI-Hype rund um OpenAI und Nvidia voll in Fahrt kam.
Treiber ist laut Unternehmensangaben die steigende Nachfrage von Rechenzentrumsbetreibern. Genauer: von den hyperscalern, die ihre Infrastruktur aufrüsten, um den wachsenden Anforderungen durch KI-Anwendungen gerecht zu werden. Und für genau diese High-End-Server sind moderne DRAM- und NAND-Speicherlösungen wie die von Micron unverzichtbar.
Vom Lagerüberhang zur Lieferknappheit?
Noch vor einem Jahr sah das Bild düster aus. Die Pandemie hatte bei PC- und Smartphone-Herstellern zu exzessiven Lagerkäufen geführt, danach folgte ein harter Absturz.
Die Folge: volle Lager, schwache Nachfrage, Preisverfall – und massive Einbrüche bei den Chipproduzenten. Micron, Samsung, SK Hynix – sie alle fuhren die Produktion zurück, streckten Investitionen, schrieben Milliarden ab.
Jetzt dreht sich das Bild. Nicht nur die Nachfrage nach KI-tauglicher Infrastruktur zieht an – auch das Lagerproblem scheint sich aufzulösen. Insbesondere im Konsumentenbereich, so Micron, gebe es Anzeichen einer Normalisierung. Sprich: Nach Jahren des Überangebots könnten bald wieder echte Engpässe drohen – ein Szenario, das in der Halbleiterbranche regelmäßig zu Preissprüngen führt.
Micron als KI-Profiteur der zweiten Welle
Während Nvidia mit seinen GPUs längst als klarer Gewinner des KI-Trends gilt, könnte Micron zur stillen Erfolgsstory der zweiten Welle werden.
Denn jede KI-Anwendung, sei es Text, Bild oder Video, braucht nicht nur Rechenleistung – sondern enorme Datenmengen, die schnell gelesen, geschrieben und gespeichert werden müssen. Genau hier setzen DRAM und NAND an.
Micron ist einer der wenigen Hersteller weltweit, die beide Speichertechnologien in großen Volumina und mit eigener Fertigung anbieten können. Das macht das Unternehmen zum strategisch wichtigen Zulieferer – nicht nur für Rechenzentren, sondern auch für Hersteller von KI-fähigen Endgeräten, etwa Smartphones, Laptops und bald wohl auch Edge-Devices.
Aktienkurs: Reaktion mit Ansage
Die Börse reagierte wie erwartet: Die Micron-Aktie legte nachbörslich um über fünf Prozent zu und notierte bei 108,51 Dollar – ein Mehrjahreshoch. Das Papier hat seit Jahresbeginn bereits über 35 Prozent zugelegt.
Viele Analysten sehen weiteres Potenzial: Der Bewertungsaufschlag gegenüber dem historischen KGV bleibt moderat, das Wachstum beschleunigt sich. Einziger Unsicherheitsfaktor bleibt die Zyklik – eine stete Begleiterin im Speicherchipmarkt.
Doch diesmal könnte der Zyklus länger anhalten. Denn anders als bei bisherigen Technologiesprüngen – etwa Smartphones, Cloud oder Streaming – hat die KI nicht nur einen neuen Markt geschaffen, sondern transformiert bestehende Industrien. Und das sorgt für strukturelle Nachfrage – mit noch kaum absehbarem Volumen.
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