15. Januar, 2025

Politik

Michel Barnier wird neuer Premierminister Frankreichs

Michel Barnier wird neuer Premierminister Frankreichs

Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron hat den erfahrenen Politiker und ehemaligen EU-Kommissar Michel Barnier zum neuen Premierminister ernannt. Barnier, der als ruhiger und klarer Kopf gilt, soll eine Regierung des Zusammenschlusses bilden. Seine Ernennung kommt zu einer Zeit, in der Frankreich komplexe Mehrheitsverhältnisse im Parlament aufweist.

Barnier, ein prominentes Mitglied der konservativen Républicains, hat in seinen Jahrzehnten langer Karriere unter den Präsidenten François Mitterrand, Jacques Chirac und Nicolas Sarkozy gedient. Zudem machte er sich als Brexit-Chefunterhändler der Europäischen Union einen Namen. Macron setzt mit dem 73-jährigen Barnier bewusst auf Erfahrung, in der Hoffnung, dass seine Regierung nicht sofort durch ein Misstrauensvotum gestürzt wird.

Obwohl Barnier bei der Präsidentschaftswahl 2022 für die Konservativen antreten wollte, schied er im parteiinternen Auswahlverfahren aus. Seine Ernennung zum Premierminister bedeutet nun, dass er nicht mehr nach dem höchsten Amt im Staat strebt—ein potenzieller Vorteil für Macrons Entscheidung.

Die Mehrheitsfindung wird jedoch eine Herausforderung sein. Barniers Konservative haben kürzlich bekundet, nicht Teil der Regierung sein zu wollen, könnten ihn aber dulden. Auch Macrons Mitte-Lager wird den neuen Regierungschef unterstützen. Für eine stabile Mehrheit benötigt Barnier jedoch auch Stimmen von links oder rechts. Die rechte Front National um Marine Le Pen möchte zunächst Barniers Regierungserklärung abwarten, bevor sie eine Entscheidung trifft. Ihr könnten Barniers restriktive Migrationspolitik und seine kritische Haltung zu EU-Vorschriften zusagen.

Die Linken hingegen zeigten sich empört über die Ernennung. Sozialisten sprachen von einer "Verweigerung der Demokratie", während Grünenvorsitzende Marine Tondelier und Kommunisten-Chef Fabien Roussel scharfe Kritik äußerten. Unterstützung von linken Parteien ist daher unwahrscheinlich.

Neben den politischen Lagerkämpfen im Parlament stehen dem neuen Premierminister große Herausforderungen bevor. Die Verabschiedung des nächsten Haushalts, angesichts einer drohenden EU-Defizitverfahrens, wird ein erster Kraftakt sein. Es wird erwartet, dass die Regierung unter Barnier einen strikten Sparkurs verfolgen muss, was zu Unmut führen könnte. Linke Parteien könnten weiterhin auf die Erhöhung des Mindestlohns und eine Rücknahme der Rentenreform pochen, was zu politischen Auseinandersetzungen und Protesten führen könnte.

Ein weiterer spannender Aspekt wird sein, wie sich das Verhältnis zwischen Staatschef Macron und Premier Barnier entwickelt. Macrons Liberalen werden voraussichtlich Teil der Regierung sein, was Einfluss auf Barniers Spielraum haben könnte. In der Außenpolitik behält Macron jedoch die Oberhand, was für eine gewisse Stabilität im Verhältnis zu Brüssel und Berlin sorgen dürfte.