Es sollte ihr großer Moment sein – und endete mit einem Kniefall. Julia Klöckner, einst Bundeslandwirtschaftsministerin, nun neue Bundestagspräsidentin, hat sich kaum ins Amt bewegt, da muss sie schon die erste Niederlage einstecken.
Die CDU inszeniert ihre Kür als Belohnung für Loyalität. Doch der Weg dorthin führt über ein politisch-ethisches Minenfeld – und Klöckner hat sich darin prompt verlaufen.
Wem gehört das Parlament?
Klar ist: Das Amt der Bundestagspräsidentin verlangt mehr als ein schönes Lächeln, Weinkenntnis und Schlagfertigkeit auf Social Media. Es verlangt Integrität, Fairness, Haltung – vor allem dann, wenn es unbequem wird.
Genau an diesem Punkt knickte Klöckner ein: Sie sagte ihren Besuch bei der AfD-Fraktion ab, nachdem die Grünen ihr mit Entzug der Unterstützung drohten.
Was eigentlich ein demokratisches Ritual der Fairness sein sollte – sich vor der Wahl allen Fraktionen vorzustellen –, wurde zum Lackmustest für Klöckners politische Standfestigkeit.
Und sie bestand ihn nicht.
Einfluss durch Loyalität
Klöckners politische Karriere war nie frei von Inszenierung. Als „Winzertochter aus dem Rheinland“ mit Charme und Kameraerfahrung galt sie vielen als konservative Hoffnungsträgerin der CDU.
Nach zwei verlorenen Landtagswahlen und einem blassen Auftritt im Agrarressort wäre ihre Karriere eigentlich beendet gewesen – doch Friedrich Merz, der alte Rivalenverdränger, machte sie zur Schatzmeisterin und nun zur Parlamentspräsidentin.
Ein Aufstieg, der weniger auf programmatischer Brillanz als auf loyaler Gefolgschaft beruht. Wer Merz stärkt, wird belohnt. Wer nicht, bleibt draußen. So einfach ist das Machtgefüge in der neuen CDU.

AfD: Ein taktischer Totalschaden
Dass Klöckner den geplanten Besuch bei der AfD absagte, mag aus Sicht ihrer Unterstützer taktisch klug gewesen sein. Politisch ist es ein Totalschaden.
Denn ein Parlament funktioniert nur dann, wenn seine Spitze für alle Abgeordneten ansprechbar bleibt – unabhängig von deren Gesinnung, so lange sie demokratisch gewählt sind. Mit der Absage akzeptierte Klöckner eine parteipolitische Einmischung in eine institutionelle Rolle, die eigentlich über den Parteien stehen sollte.
Die AfD freute sich entsprechend – nicht, weil sie Klöckner mag, sondern weil sie in ihrem Demokratieverständnis erneut eine Vorlage erhielt. Und das von einer Frau, die sich selbst stets als Hüterin bürgerlicher Werte inszeniert hat.
Tradition ohne Tiefe
Auch sonst fällt auf: Klöckner bedient viele konservative Erwartungen – vom Katholizismus bis zur Weinleidenschaft –, doch wo bleibt die politische Substanz? Während der Pandemie glänzte sie im Ministeramt mit PR-Aktionen und peinlichen App-Kooperationen, die keinen Mehrwert für die Bevölkerung hatten. Ihre Fähigkeit zur politischen Analyse oder programmatischen Führung blieb stets blass.
Im Bundestag soll sie nun Debatten leiten, Neutralität verkörpern und das Parlament repräsentieren. Doch wer die Demokratie ernst nimmt, weiß: Das Amt des Bundestagspräsidenten ist nicht dazu da, parteipolitische Schützengräben zu verwalten – sondern sie zu überbrücken.
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