Der Bundestag hat sein „Zustrombegrenzungsgesetz“ abgelehnt – doch Friedrich Merz gibt nicht auf. Kurz vor der Bundestagswahl legt der Unionskanzlerkandidat ein ambitioniertes 100-Tage-Programm vor, das Deutschland wirtschaftlich, sozial- und migrationspolitisch umkrempeln soll.
Die CDU verspricht unter anderem Steuersenkungen, den Abbau von Bürokratie und eine Verschärfung der Sozialpolitik. Doch wie realistisch sind diese Vorhaben – und welche Widerstände drohen?
Wirtschaft: Steuererleichterungen und Bürokratieabbau
Einer der zentralen Punkte im Sofortprogramm ist die Wirtschaft. Merz plant Steuererleichterungen für Unternehmen und will den bürokratischen Aufwand für Firmen senken.
Konkret soll das umstrittene Lieferkettengesetz gekippt werden, das Unternehmen zur Verantwortung für die Arbeitsbedingungen in ihren globalen Lieferketten verpflichtet. Auch das Wachstumsziel ist ambitioniert: Zwei Prozent jährliches Wachstum, eine Zahl, die Deutschland zuletzt in den frühen 2000er Jahren erreichte.
Ob sich dieses Ziel mit bloßem Bürokratieabbau erreichen lässt, bleibt fraglich. Denn während viele Unternehmen weniger Bürokratie begrüßen, gibt es auch die Sorge, dass der Schutz von Arbeitsstandards und Umweltauflagen aufgeweicht werden könnte.
Sozialpolitik: Strengere Regeln für das Bürgergeld
Besonders umstritten ist der Plan, das Bürgergeld zu reformieren – oder gleich abzuschaffen. Merz kritisiert, dass das System falsche Anreize setze und Erwerbslosigkeit zu wenig sanktioniere. Die CDU will schärfere Sanktionen einführen und den Namen „Bürgergeld“ abschaffen.
„Wir wollen das System vom Kopf auf die Füße stellen“, betont Merz.
Die „Vorarbeiten“ seien bereits gemacht – ein klarer Hinweis darauf, dass die CDU unter einem Kanzler Merz schnell handeln will.
Die geplanten Änderungen könnten für viele Leistungsempfänger drastische Folgen haben. Bereits heute stehen Millionen Bürgergeld-Bezieher vor steigenden Mieten und Lebenshaltungskosten.
Experten warnen, dass eine verschärfte Sanktionspolitik nicht zwangsläufig mehr Menschen in Arbeit bringt, sondern vor allem Härten für diejenigen verschärft, die ohnehin kaum Perspektiven haben.
Migrationspolitik: Grenzkontrollen und Zurückweisungen
Ein weiteres zentrales Thema ist die Migration. Sollte Merz Kanzler werden, will er als erste Amtshandlung bundesweite Grenzkontrollen anordnen und illegale Einreisen konsequent zurückweisen. Das entspricht dem Kurs, den die Union bereits im Wahlkampf verfolgt hat.
Deutschland wäre damit nicht das erste Land in der EU, das solche Maßnahmen einführt – Österreich, Polen und Frankreich setzen bereits auf verstärkte Grenzkontrollen. Doch rechtlich könnten solche Pläne problematisch sein: Das Europarecht sieht innerhalb des Schengen-Raums offene Grenzen vor, und auch die rechtliche Grundlage für konsequente Zurückweisungen ist umstritten.
Die CDU beruft sich auf Länder wie Dänemark oder Finnland, die eine harte Linie in der Asylpolitik verfolgen. Doch ob diese Maßnahmen mit den deutschen Gesetzen vereinbar sind, bleibt offen – und dürfte zu einem frühen politischen Konflikt in einer möglichen Regierung Merz führen.
Widerstand und Realitätscheck: Kann Merz liefern?
Die Frage bleibt: Wie realistisch ist dieses Sofortprogramm? Ein Teil der Maßnahmen könnte von einer unionsgeführten Bundesregierung direkt umgesetzt werden, etwa in der Sozialpolitik. Andere Punkte – insbesondere Steuerreformen und Migration – brauchen Mehrheiten im Bundestag und könnten an Koalitionspartnern oder dem Bundesrat scheitern.
Zudem ist fraglich, ob sich ambitionierte Wirtschaftsziele wie zwei Prozent Wachstum durch Bürokratieabbau und Steuersenkungen allein erreichen lassen. Und in der Migrationspolitik wird Deutschland nicht um eine europäische Lösung herumkommen.
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