Wer in Deutschland ein Taxi bestieg, hatte jahrzehntelang gute Chancen, in einer Mercedes-Limousine zu sitzen. Besonders die ikonische E-Klasse prägte das Bild des klassischen deutschen Taxis.
Doch diese Ära geht zu Ende. Von Januar bis August 2024 wurden gerade einmal 127 Fahrzeuge der E-Klasse und eine einzige B-Klasse als Taxis zugelassen. Ein Rückgang von 90 bis 95 Prozent gegenüber dem Vorjahr – der Abstieg von Mercedes im Taxigeschäft ist mehr als deutlich.
Über alle Baureihen hinweg brachen die Taxi-Zulassungen von Mercedes um satte 71 Prozent ein. Einst unangefochtener Marktführer, liegt der Anteil des Stuttgarter Autobauers nun nur noch bei 13 Prozent.
Die neuen Platzhirsche heißen Volkswagen und Toyota, die den traditionsreichen Hersteller überholt haben und sich als die neuen Favoriten der Taxiunternehmer etablieren.
Luxus statt Taxi – Mercedes setzt auf Exklusivität
Mercedes selbst trägt die Entscheidung bewusst mit. Unter Konzernchef Ola Källenius hat sich der Autobauer komplett auf eine Luxusstrategie eingeschworen. Die klassischen Sondermodelle für Taxiunternehmer und die einst attraktiven Finanzierungsangebote gehören der Vergangenheit an.
„Taxis passen einfach nicht zu unserem Luxusanspruch“, heißt es aus der Unternehmensführung.
Mit dieser Entscheidung hat Mercedes sein Taxi-Geschäft de facto aufgegeben. Während die Verkaufszahlen schon seit einigen Jahren rückläufig waren, beschleunigte das Ende der Sondermodelle den Absturz drastisch. Noch im Jahr 2019 stellte Mercedes die Hälfte aller in Deutschland zugelassenen Taxis, 2023 waren es immerhin noch 38 Prozent. Jetzt, 2024, ist der Stern fast verblasst.
VW und Toyota profitieren vom Rückzug
Während Mercedes den Rückzug antritt, nutzen andere Hersteller die Chance. Volkswagen hat mit dem Touran und dem Caddy die Lücke gefüllt und sich als Marktführer im Taxigeschäft etabliert. Auch Toyota hat sich mit dem Corolla und dem SUV RAV4 einen festen Platz erobert.
Für die Kunden bedeutet das: Das Bild des klassischen deutschen Taxis wird sich verändern – weg von der elfenbeinfarbenen E-Klasse, hin zu neuen Marken und Modellen.
Michael Oppermann, Geschäftsführer des Bundesverbands Taxi und Mietwagen, sieht diesen Wandel mit gemischten Gefühlen. „Jede Fahrt in einem Taxi ist auch eine Probefahrt“, sagt er. Mercedes habe durch die hohe Präsenz im Taxigeschäft immer profitiert. Doch der Autobauer habe sich bewusst für eine andere Richtung entschieden.
Kleine Zugeständnisse, große Preisunterschiede
Mercedes bietet immerhin einen kleinen Hoffnungsschimmer: Für den Vito, die V-Klasse und die vollelektrischen Varianten will der Autobauer eine technische Umrüstlösung für Taxis anbieten.
Doch dabei handelt es sich nur um eine Option für spezialisierte Drittanbieter – die vollständige Taxi-Ausstattung, wie sie früher direkt ab Werk verfügbar war, wird es nicht mehr geben.
Für die meisten Taxiunternehmen dürfte diese Lösung allerdings finanziell kaum attraktiv sein. Ein Blick auf die Zahlen zeigt warum: Die aktuelle E-Klasse kostet in der Basisausstattung ohne Mehrwertsteuer bereits 52.100 Euro. Zum Vergleich: Das vorherige Sondermodell „Das Taxi“ wurde noch Anfang 2023 für 36.100 Euro angeboten – ein deutlicher Unterschied.
Mercedes hat sich von einem Markt verabschiedet, der einmal fest in seiner Hand war. Der Stern am Himmel des Taxigeschäfts verblasst – ein weiterer Schritt auf dem Weg zur reinen Luxusmarke.
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