Still und leise hat Mercedes den letzten Rest seiner Beteiligung an Denza, dem Joint-Venture mit dem chinesischen Elektroauto-Pionier BYD, abgestoßen.
Im Sommer 2024 trennte sich der Stuttgarter Konzern von seinem zehnprozentigen Anteil – und setzte damit den Schlusspunkt unter ein Projekt, das mit großen Hoffnungen begann, aber nie richtig zündete.
Große Pläne, wenig Erfolg
Vor zehn Jahren klang die Idee noch vielversprechend: Mit Denza wollte Mercedes den chinesischen Markt für Elektrofahrzeuge erobern, und das an der Seite von BYD, einem der innovativsten Anbieter in diesem Bereich. Das Ziel: Den „erfolgreichsten Hersteller von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben“ in China aufzubauen.
Doch die Realität sah anders aus. Das erste gemeinsame Modell, der Denza 500, sollte ein Gamechanger werden – sicher, zuverlässig, perfekt auf chinesische Kunden zugeschnitten.
Doch er verkaufte sich miserabel. Statt der erhofften Verkaufszahlen wurden zwischen 2014 und 2020 nur 23.300 Einheiten abgesetzt. Für den größten Automarkt der Welt ist das ein Flop.
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Der schleichende Rückzug
Mercedes' Geduld hielt noch eine Weile. Doch 2021 folgte die erste Trennungsrunde: Der Konzern reduzierte seinen Anteil von 50 auf 10 Prozent. Der Grund? Mercedes wollte sich wieder stärker auf sein Kerngeschäft konzentrieren, die Luxusautos, die die Marke groß gemacht haben. Ein Jahr später war das Ende besiegelt: 2024 ging der letzte Anteil an BYD über. Denza gehört nun vollständig dem chinesischen Partner.
„Es war von langer Hand geplant“, heißt es dazu lapidar von einem Mercedes-Sprecher.
In der Rückschau wirkt das eher wie eine nüchterne Schadensbegrenzung. Die Partnerschaft mit BYD kostete über die Jahre mehrere Hundert Millionen Euro – Geld, das Mercedes jetzt lieber anders investieren will.
Denza X: Ein gutes Auto, aber am Markt vorbei
Auch der zweite Anlauf brachte nicht den gewünschten Erfolg. Der Denza X, ein Elektro-SUV, der in Zusammenarbeit mit Mercedes-Technik entwickelt wurde, kam 2020 auf den Markt.
Ein solides Auto, sagen Branchenexperten – doch mit einem Preis von umgerechnet 40.700 Euro war das Modell für die chinesische Mittelklasse schlicht zu teuer. Zudem wurde der Denza X in den Showrooms der Mercedes-Händler angeboten, die für das Premiumsegment bekannt sind. Ein Elektro-SUV ohne Luxusanspruch passte nicht in dieses Umfeld.
In drei Jahren wurden nur 9600 Einheiten des Denza X verkauft, bevor auch dieses Modell eingestellt wurde. Der Traum von einem massenmarktfähigen E-Auto in China war geplatzt.
BYD übernimmt das Ruder – und plötzlich läuft's
Ironie der Geschichte: Erst als Mercedes sich aus dem Projekt zurückzog, begann Denza zu florieren. BYD übernahm die volle Kontrolle, brachte neue Modelle auf den Markt und passte die Vertriebsstrategie an.
Der Denza D9, ein Plug-in-Hybrid in Form einer Großraumlimousine, verkauft sich seitdem prächtig. 2023 lag der Absatz der Marke bei 114.000 Einheiten – ein Rekord, den man sich in den Jahren mit Mercedes-Beteiligung nur hätte erträumen können.
Es zeigt, dass BYD den Markt besser versteht. Die chinesische Kundschaft verlangte nach anderen Modellen und Preisklassen – etwas, das Mercedes offenbar nicht erkennen konnte oder wollte.
Mercedes: Ein Kapitel endet, der Fokus bleibt Premium
Für Mercedes bedeutet der Denza-Ausstieg das Ende einer schmerzhaften Lektion in Sachen Marktstrategie. Man hatte sich vorgenommen, mit BYD einen neuen Elektrostar für China zu schaffen, doch die Realität war eine andere.
Nun konzentriert sich Mercedes wieder voll und ganz auf das Premiumsegment, wo man seit Jahren erfolgreich ist. Die Elektro-Strategie unter der Marke EQ läuft gut, und in den Luxusautos steckt nach wie vor die größte Gewinnmarge.
China bleibt ein wichtiger Markt, keine Frage. Aber Mercedes wird künftig vorsichtiger sein, wenn es darum geht, sich auf riskante Partnerschaften einzulassen. Der Versuch, mit einer Mittelklassemarke in den Elektro-Massenmarkt einzudringen, ist gescheitert. Man bleibt lieber dort, wo man sich auskennt: im oberen Preissegment.
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