Ein Modell mit großer Bedeutung
Die Erwartungen könnten kaum höher sein: Der neue CLA, den Mercedes in Rom enthüllt hat, soll die technologische Blaupause für kommende Modelle des Konzerns liefern.
Das Fahrzeug integriert erstmals das hauseigene Betriebssystem MB.OS und setzt auf einen hocheffizienten Elektroantrieb. Die Schwaben sprechen vom "Ein-Liter-Auto" für die E-Mobilität – mit einem Stromverbrauch, der umgerechnet einem Liter Benzin pro 100 Kilometer entspricht.
Die Markteinführung erfolgt in einer kritischen Phase für Mercedes. Der Konzern kämpft mit sinkenden Absätzen, starkem Wettbewerb aus China und hohen Entwicklungskosten. 2025 könnte zum Schicksalsjahr für CEO Ola Källenius werden.
Technologischer Quantensprung oder Marketing-Blase?
Branchenkenner sind sich einig: Die Neuentwicklung des CLA hat das Potenzial, Mercedes wieder an die Spitze der Autoindustrie zu bringen. "Wenn das alles gut funktioniert, hat man einen Quantensprung geschafft", urteilt Autoexperte Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management.
Die wichtigsten Neuerungen im Überblick:
- MB.OS-Betriebssystem: Zum ersten Mal nutzt Mercedes eine eigens entwickelte Software-Plattform, die über Updates kontinuierlich neue Funktionen erhält.
- Autonomes Fahren: In China wird der CLA mit einer fortschrittlichen Assistenztechnologie ausgestattet, die im Stadtverkehr weitgehend selbstständig fährt – in Europa fehlen noch gesetzliche Grundlagen.
- Revolutionäre Effizienz: Mit einem Energieverbrauch von nur 12,2 kWh pro 100 km soll der CLA eine Reichweite von bis zu 792 Kilometern erreichen.
- Schnellladung mit 320 kW: Innerhalb von zehn Minuten lassen sich bis zu 325 Kilometer Reichweite nachladen.
Doch bei aller Innovation gibt es eine entscheidende Unbekannte: den Preis. Bislang hält sich Mercedes bedeckt, wie viel das Modell kosten wird. Angesichts des intensiven Preiskampfes auf dem chinesischen Markt und der aggressiven Strategie von BYD und Tesla könnte die Positionierung über Erfolg oder Misserfolg entscheiden.

Die Konkurrenz schläft nicht
Der CLA ist nicht nur für Mercedes ein Wendepunkt, sondern auch für die deutsche Autoindustrie insgesamt. BMW bereitet mit der "Neuen Klasse" einen ähnlich ambitionierten Technologiesprung vor.
Anders als bisherige Fahrzeuge mit Dutzenden einzelner Steuergeräte sollen die neuen BMW-Modelle nur noch vier zentrale Rechner nutzen – und sich per Software-Update über die Jahre weiterentwickeln.
Chinesische Hersteller wie BYD und Nio machen der deutschen Premium-Konkurrenz das Leben schwer. BYD hat kürzlich angekündigt, moderne Assistenzsysteme selbst in günstige Kleinwagen zu integrieren. Sollte sich der Trend fortsetzen, könnte Mercedes bald von unten unter Druck geraten.
Mercedes strategische Wette: Luxus oder Massenmarkt?
Der CLA ist ein Modell, das nicht nur für die technologische Zukunft von Mercedes entscheidend ist, sondern auch für die Strategie von CEO Ola Källenius.
Der Konzern hatte zuletzt klar auf das Luxus-Segment gesetzt und seine Einstiegsmodelle reduziert. Doch das Premium-Segment allein reicht nicht aus, um langfristig Wachstum zu sichern – insbesondere in China, wo der CLA stark performen muss.
Experten sehen die Herausforderung vor allem im Preis-Leistungs-Verhältnis. "Es ist ein Produkt, das vollständig die Handschrift von Ola Källenius trägt. Auch für ihn ist es wichtig, dass es funktioniert", sagt Bratzel.
Ob der CLA das erhoffte Erfolgsmodell wird oder sich als kostspieliges Experiment entpuppt, entscheidet sich spätestens bei der Markteinführung. Doch eines ist sicher: Mercedes kann sich in dieser Phase keinen Fehltritt leisten.
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