Die Vorstellung von schmerzlosen und nadelfreien Medikamentenverabreichungen könnte bald Realität werden, inspiriert durch die Fortbewegungstechniken von Tintenfischen. Rund ein Sechstel der amerikanischen Erwachsenen meidet Impfungen aufgrund ihrer Aversion gegen Nadeln, was fatale Folgen haben kann. Auch Menschen, die auf Injektionen wie Insulin angewiesen sind, geraten häufig ins Hintertreffen bei der regelmäßigen Einnahme ihrer Medikamente. Giovanni Traverso vom Massachusetts Institute of Technology treibt nun einen vielversprechenden Ansatz im Bereich der nadelfreien Medikamentengabe voran. Traversos Arbeit hat sich bisher stark auf die Entwicklung winziger, autonomer Spritzen konzentriert, die in Kapseln verpackt und oral eingenommen werden können. Diese Kapseln injizieren ihre Fracht direkt in das gut durchblutete Gewebe des Magentraktes. Der Nachteil: Für eine erfolgreiche Injektion muss die Spritze fast senkrecht zum Gewebe stehen. Dies ist im Arm eine lösbare Herausforderung, doch im komplexen Inneren des Körpers stellt dies ein großes Problem dar. Auf der Suche nach einer besseren Lösung wandte sich Traverso den Tintenfischen zu. Diese können unter hohem Druck Tintenschübe in alle Richtungen abgeben. In Zusammenarbeit mit Novo Nordisk sowie Forschern aus Boston und Stockholm entwickelte er ein winziges, federbeladenes Gerät, das Medikamente mit großer Geschwindigkeit abgibt. Tests an Gewebeproben von Schweinen und Hunden zeigten, dass der Farbstoff die Gewebeschichten durchdringen konnte, selbst wenn der Winkel des Geräts zum Gewebe weniger als 70° betrug. In präklinischen Tests an lebenden Schweinen, die dem menschlichen Verdauungstrakt sehr ähnlich sind, konnten die Geräte erfolgreich Insulin und andere Medikamente an verschiedene Stellen des Verdauungssystems transportieren. Der vielversprechende Ansatz könnte vor allem für Diabetiker, die mehrmals täglich auf Insulin angewiesen sind, revolutionäre Vorteile bieten. Auch Impfstoffe könnten zukünftig auf diese Weise stressfrei verabreicht werden, sodass die Angst vor Nadeln der Vergangenheit angehören könnte.