07. April, 2025

Unternehmen

Mäusekot, Gammelfleisch, Fake-Daten: Was bei Kaufland wirklich im Regal liegt

Ein Reporter-Team deckt eklatante Hygienemängel in dutzenden Kaufland-Filialen auf – von Fäkalbakterien auf Fleisch bis zu manipulierten Haltbarkeitsdaten. Die Reaktion des Konzerns wirkt spät. Und defensiv.

Mäusekot, Gammelfleisch, Fake-Daten: Was bei Kaufland wirklich im Regal liegt
In 48 von 50 überprüften Kaufland-Filialen dokumentierten Reporter teils gravierende Hygieneverstöße – darunter Fäkalbakterien auf Fleisch und Mäusekot in Brotkisten.

48 von 50 Filialen mit Mängeln

Wer im Supermarkt einkauft, erwartet ein Mindestmaß an Hygiene – und hofft, dass Verfallsdaten, Kühlketten und Sauberkeit nicht bloß Formalien sind. Im Fall von Kaufland zeigt eine aktuelle Recherche von RTLs „Team Wallraff“: Dieser Anspruch trifft auf eine Realität, die häufig anders aussieht.

Zwei Reporterinnen recherchierten verdeckt in Filialen – das Ergebnis: In 48 von 50 überprüften Märkten stießen sie auf Missstände, die aus Sicht von Fachleuten nicht nur unappetitlich, sondern gesundheitsgefährdend sind.

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Schimmel in Kühltheken, Mäusekot in Brotkisten, Fäkalbakterien auf Hähnchenfleisch – was klingt wie ein Fall für die Lebensmittelüberwachung, war offenbar gelebter Alltag in Teilen der Kaufland-Kette.

Frische nur auf dem Etikett

Besonders brisant: In mindestens einer Filiale sollen Mitarbeitende laut Reportern Lebensmittel mit neuem Mindesthaltbarkeitsdatum versehen haben. Manipulation statt Entsorgung. Auch defekte Kühlgeräte und gammelige Ware wurden dokumentiert – etwa Garnelen, die trotz offensichtlicher Verderbnis im Verkauf blieben.

Derartige Verstöße sind nicht nur eklig. Sie können strafrechtlich relevant sein. Wer abgelaufene oder kontaminierte Lebensmittel weiterverkauft, gefährdet nicht nur das Vertrauen der Kundschaft, sondern potenziell deren Gesundheit.

In Bad Tölz sollen Mitarbeiter laut Team Wallraff Frischetheken-Produkte mit manipulierten Haltbarkeitsdaten weiterverkauft haben – ein klarer Verstoß gegen das Lebensmittelrecht.

Kaufland reagiert – aber erst, nachdem die Kameras da waren

Nach der Veröffentlichung des Berichts kündigte Kaufland erste Maßnahmen an: Das Führungspersonal in den besonders betroffenen Filialen in Bad Tölz und Homburg wurde ausgetauscht, zudem laufe eine „detaillierte Aufarbeitung“. Die Probleme seien „bereits vor der Berichterstattung“ intern aufgearbeitet worden, betont der Konzern.

Was die Erklärung allerdings schwächt: Erst mit öffentlichem Druck kam Bewegung in die Sache. Und bei 770 Filialen stellt sich die Frage: Wenn 48 kontrollierte Standorte eklatante Mängel aufweisen – wie steht es dann um die hunderten Märkte, die niemand unter die Lupe genommen hat?

Reputationsschaden auf Social Media

Die Resonanz im Netz ist vernichtend. Auf X und anderen Plattformen berichten Kunden von eigenen Erfahrungen mit verdorbener Ware, verschimmeltem Käse oder modrigen Regalen. Einige kündigen öffentlich an, dem Händler vorerst den Rücken zu kehren.

„Kaufland hat bei mir echt Vertrauen verspielt“, heißt es in einem vielzitierten Post.

Für ein Unternehmen mit über 90.000 Beschäftigten in Deutschland ist das mehr als ein Imageproblem – es ist eine Vertrauenskrise im Kerngeschäft. Wer sich beim täglichen Lebensmitteleinkauf ekelt, kehrt selten freiwillig zurück.

Verantwortung im Konzern – und eine stille Parallele zu Lidl

Kaufland gehört zur Schwarz-Gruppe, genau wie Lidl. Beide Unternehmen profitieren von hoher Markenbekanntheit, günstigen Preisen – und meist einem eher robusten Image. Doch je mehr Filialen betrieben werden, desto schwieriger wird Kontrolle. Und desto mehr hängt vom internen Qualitätsmanagement ab.

Dass solche Mängel über Monate hinweg unentdeckt oder toleriert wurden, wirft Fragen auf: Wird zu wenig kontrolliert? Gibt es zu wenig Personal? Oder herrscht interner Druck, Lebensmittel auf Biegen und Brechen zu verkaufen, statt sie abzuschreiben?

Vertrauen ist leicht verspielt – und schwer zurückzuholen

Kaufland steht vor einem Dilemma: Ein Einzelfall war es offenbar nicht. Ein strukturelles Problem will man trotzdem nicht einräumen. Dabei ist genau das die Frage, die nun auf dem Tisch liegt – auch für Politik, Behörden und Verbraucherorganisationen.

Denn bei Lebensmitteln geht es nicht um PR, sondern um Verantwortung. Wenn diese nicht durchgängig gelebt wird, helfen auch keine Austauschmaßnahmen oder Hygieneversprechen auf Plakaten. Der nächste Skandal kommt bestimmt – die Frage ist nur, in welcher Filiale.

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