23. Dezember, 2024

Politik

Magdeburger Anschlag: Wie Behörden Warnungen übersahen

Taleb Abdulmohsen fuhr mit seinem Auto in eine Menschenmenge und tötete fünf Menschen. Hinweise gab es zuhauf – doch sie verliefen im Sumpf der Bürokratie.

Magdeburger Anschlag: Wie Behörden Warnungen übersahen
Warnungen vor Taleb Abdulmohsen gingen mehrfach bei Behörden ein – doch sie wurden ignoriert oder weitergereicht. Der Magdeburger Anschlag hätte verhindert werden können.

Die Tat, die nicht hätte passieren müssen

Taleb Abdulmohsen war kein Unbekannter. Nicht für die Behörden, nicht für Menschen, die seine Drohungen auf Social Media lasen, und nicht für eine Frau, die mehrfach warnte. Doch die Antwort auf ihre Hinweise war sinnbildlich für ein System, das zu oft versagt:

„Nicht unsere Zuständigkeit.“

Am Freitagabend raste Abdulmohsen mit einem Auto in den Magdeburger Weihnachtsmarkt. Fünf Menschen verloren ihr Leben, 200 wurden verletzt. Was folgt, ist Entsetzen – nicht nur über die Tat selbst, sondern über das, was zuvor alles bekannt war.

Warnungen, die niemand hören wollte

Die Liste der versäumten Gelegenheiten ist erschreckend. Bereits 2023 kam aus Saudi-Arabien eine Warnung: Abdulmohsen plane eine Gewalttat. Es folgten Ermittlungen, die im Sand verliefen.

Monate vor der Tat postete Abdulmohsen auf X Drohungen, die klar auf Gewalt hinwiesen. Sicherheitsbehörden bewerteten ihn trotzdem als „keine konkrete Gefahr“.

Noch konkreter war der Hinweis einer Frau, die das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) informierte. Sie nannte nicht nur seinen Namen, sondern auch sein Geburtsdatum. Die Reaktion? „Bitte wenden Sie sich an die Polizei.“

Nicht besser sah es bei den deutschen Sicherheitsbehörden aus. Zwar hatten das Bundeskriminalamt (BKA) und das Landeskriminalamt (LKA) Sachsen-Anhalt den späteren Attentäter im Blick, bewerteten ihn jedoch als „keine konkrete Gefahr“. Ein fataler Irrtum, wie sich nun herausstellt.

Radikalisierung in aller Öffentlichkeit

Abdulmohsen machte keinen Hehl aus seinen Plänen. Im August 2024 postete er auf der Plattform X (ehemals Twitter): „Gibt es einen Weg zur Gerechtigkeit in Deutschland, ohne wahllos deutsche Bürger zu massakrieren?“ Eine Frage, die so offensichtlich alarmierend ist, dass es fast absurd wirkt, dass sie unbeantwortet blieb.

Doch auch diese Eskalation brachte die Ermittlungen nicht voran. Der Verweis von Verantwortung zwischen BAMF, BKA und LKA wurde zu einem gefährlichen Pingpong-Spiel, das letztlich Menschenleben kostete.

Nach der Tat: Politische Aufarbeitung

Nun, da das Schlimmste passiert ist, versprechen Politiker und Behörden schnelle Aufklärung. Bundesinnenministerin Nancy Faeser erklärte: „Wir werden jeden Hinweis prüfen und lückenlos aufklären, wie es zu diesen Versäumnissen kommen konnte.“ Doch diese Worte dürften den Betroffenen und ihren Familien wenig Trost spenden.

Auch das BAMF verteidigte sich: „Wir sind keine Ermittlungsbehörde.“ Doch ist das wirklich eine Entschuldigung, wenn die Informationen so präzise waren? Kritiker sagen: Nein.

Ein Muster mit Folgen

Der Fall Abdulmohsen ist nicht der erste, bei dem Behörden frühzeitig gewarnt wurden – und doch nicht handelten. Es ist ein strukturelles Problem: zu viele Zuständigkeiten, zu wenig Konsequenz. Das Resultat sind nicht nur Tragödien wie in Magdeburg, sondern auch ein wachsendes Misstrauen gegenüber den Sicherheitsbehörden.

Wenn etwas aus diesem Fall gelernt werden kann, dann vielleicht dies: Weniger bürokratische Blockaden, mehr Verantwortung. Denn Hinweise sind nur dann wertvoll, wenn ihnen auch nachgegangen wird.