Deutschland, einst als "Exportweltmeister" gerühmt, steht unter zunehmendem Druck. Der globale Wettbewerb wird härter, geopolitische Spannungen erschweren den Handel und China sowie die USA dominieren immer größere Teile des Weltmarktes.
Doch eine aktuelle Analyse des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zeigt: Trotz aller Herausforderungen bleibt "Made in Germany" in vielen Bereichen unangefochten an der Spitze.
180 deutsche Warengruppen mit dominanter Marktstellung
Die Studie des IW Köln untersuchte 5300 Warengruppen weltweit und kam zu einem bemerkenswerten Ergebnis: In 180 davon hat Deutschland einen Exportanteil von mindestens 30 Prozent.
Besonders stark vertreten sind Produkte aus der Chemie-, Maschinenbau- und Elektrotechnikbranche. Einige Nischenprodukte aus diesen Industrien erreichen sogar einen globalen Marktanteil von über 90 Prozent.
Dazu gehören etwa spezielle Schmerzmittel, bestimmte Düngemittel sowie hochpräzise Regeltechnik-Instrumente. Auch Erntemaschinen, Mikroskope und Kranwagen werden in Deutschland in einer Qualität produziert, die weltweit kaum Konkurrenz hat. Hier zahlt sich die Kombination aus Ingenieurskunst, Forschung und jahrzehntelanger Spezialisierung aus.

China dominiert, Deutschland hält sich wacker
Ein Blick auf die Wettbewerber zeigt, dass Deutschland sich im globalen Vergleich gut schlägt, aber dennoch hinter China zurückliegt. Während Deutschland 180 Warengruppen mit dominanter Marktstellung verzeichnet, sind es in den USA 347.
China hingegen erreicht mit 1535 dominanten Waren eine völlig andere Dimension. Besonders bemerkenswert: Die Volksrepublik hat ihre Zahl an marktführenden Produkten seit 2010 fast verdoppelt.
Dennoch schneidet Deutschland besser ab als andere große Industrienationen wie Japan (rund 100 dominante Waren), Italien (141) und Frankreich (73). Doch das reicht nicht, um sich langfristig gegen Chinas aggressive Expansionsstrategie zu behaupten.
Die Achillesferse der deutschen Exportindustrie
Trotz dieser Erfolge gibt es bedenkliche Entwicklungen. Die Zahl der deutschen Warengruppen mit marktbeherrschender Stellung ist seit einigen Jahren tendenziell rückläufig.
Insbesondere in Hochtechnologie-Bereichen, die für die Zukunft entscheidend sind, fehlt es an dominanter Marktstellung. Deutschlands Exportstärke basiert oft auf Spezialisierung in traditionellen Industrien – ein Risiko, wenn technologische Transformationen wie Künstliche Intelligenz oder grüne Energietechnologien künftig eine größere Rolle spielen.
Gleichzeitig machen geopolitische Risiken den Exportgeschäften zu schaffen. China und die USA sind die größten Abnehmer deutscher Produkte, doch das Verhältnis zu beiden ist nicht stabil.
Während die USA unter Donald Trump immer wieder mit protektionistischen Maßnahmen drohen, entwickelt sich China zunehmend zum Systemrivalen. Handelskonflikte oder geopolitische Spannungen könnten Deutschland empfindlich treffen.
Wie kann Deutschland seine Spitzenposition verteidigen?
Um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben, muss Deutschland strategische Maßnahmen ergreifen. Experten fordern mehr Investitionen in Zukunftstechnologien, eine gezielte Industriepolitik und eine kluge Diversifizierung der Absatzmärkte.
1. Investitionen in Zukunftsbranchen: Deutschland muss sich stärker auf Hightech-Industrien konzentrieren, insbesondere in den Bereichen Künstliche Intelligenz, Batterietechnologien, Wasserstoffwirtschaft und Biotechnologie. Hier droht der Anschluss an China und die USA verloren zu gehen.
2. Stärkung der Forschung & Entwicklung: Der deutsche Mittelstand ist das Rückgrat der Exportwirtschaft. Um global wettbewerbsfähig zu bleiben, brauchen Unternehmen stärkere Anreize für Innovationen und bessere Förderprogramme für Forschung.
3. Diversifizierung der Exportmärkte: Abhängigkeiten von China und den USA sind riskant. Europa, Indien und andere aufstrebende Märkte sollten stärker ins Visier genommen werden, um geopolitischen Risiken entgegenzuwirken.
Stabil, aber nicht unantastbar
Deutschland bleibt in vielen Nischenmärkten unangefochtene Exportnation – doch die Herausforderungen wachsen. Während traditionelle Industrien weiterhin stark sind, fehlt es an dominanter Marktstellung in zukunftsweisenden Technologien.
Ohne gezielte Maßnahmen könnte der Titel „Exportweltmeister“ schneller in Gefahr geraten, als viele denken. Jetzt ist die Zeit für Innovationen, strategische Weichenstellungen und die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit von "Made in Germany".
Das könnte Sie auch interessieren:
