Das psychiatrische Notfallzentrum des Allgemeinen Krankenhauses in Triest ist bekannt für seine offenen Türen; Zwang und Isolation, übliche Methoden in vielen Teilen der Welt, sind hier fremd. Mit farbenfrohen Bildern und einer lockeren Atmosphäre wird eine Umgebung geschaffen, die mehr an ein Wohnzimmer als an ein Krankenhaus erinnert, in dem Freunde und Familie willkommen sind. Domenico Petrara, ein Krankenpfleger vor Ort, schwört auf die beruhigende Wirkung eines Spaziergangs im Klinikgarten, um schwierige Situationen zu lösen.
Das Modell von Triest, das seit fünf Jahrzehnten in der Fachwelt diskutiert wird, zeigt eindrucksvoll, wie kommunale psychiatrische Pflege erfolgreich umgesetzt werden kann. Während in vielen Ländern die Psychiatrie oftmals mit überfüllten Einrichtungen verbunden ist, greift Triest auf ein Netzwerk von Gemeindezentren zurück, um Patienten schnell und effizient zu betreuen. Der Erfolg dieser Herangehensweise ist weltweit anerkannt, während andere Staaten, trotz ähnlicher Ambitionen, mit der Umsetzung kämpfen.
Der Ansatz von Triest ist kosteneffektiv und respektvoll gegenüber Patientenrechten, wie Sarah Kline von der Organisation United for Global Mental Health betont. Auch in Japan, das trotz eines Netzwerks von psychiatrischen Einrichtungen interne Fortschritte bei der Reduzierung von Suizidraten verzeichnet, bleibt der institutionelle Ansatz umstritten. Nathaniel Counts, Experte des Kennedy Forums in den USA, verfolgt eine differenzierte Sicht und betont, dass Menschen unterschiedliche Behandlungsformen zu verschiedenen Lebensphasen benötigen.
Der Einfluss des Triest-Systems, das von Franco Basaglia initiiert wurde, bleibt in der Diskussion um die bestmögliche psychische Gesundheitsversorgung präsent. Basaglias Vision, die Krankheit "in Klammern zu setzen" und den Menschen in den Mittelpunkt zu stellen, wird weiterhin hochgehalten. Die Auflösung des großen städtischen Asyls in Triest führte zu bedeutenden Investitionen in gemeindeorientierte Dienste und ließ Suizidraten markant sinken. Sogar jenseits der italienischen Grenzen findet das Modell Anwendung; so haben Städte in den USA und in Großbritannien begonnen, es zu adaptieren.
Dennoch bedrohen finanzielle Engpässe weltweit die Befolgung von Triests Prinzipien. Obwohl die Regierung des Friuli Venezia Giulia Gebiets in Triest bestrebt ist, diese Werte zu wahren, sind Kürzungen unausweichlich. Ethik und die Einbindung der Gemeinschaft gelten jedoch weiterhin als tragende Säulen in einem System, das Freiheit als ihr wichtigstes Element betrachtet.