Ein litauisches Gericht hat einen litauischen Staatsbürger wegen Spionage für das autoritär regierte Belarus zu einer Haftstrafe von neun Jahren verurteilt. Dem Mann wurde vorgeworfen, Informationen über die belarussische Opposition gesammelt und weitergegeben zu haben. Diese Anschuldigungen wurden von der litauischen Nachrichtenagentur BNS aus dem Gerichtssaal in Vilnius berichtet. Laut den Richtern hatte der Mann seit Januar 2022 im Auftrag einer belarussischen Staatsbürgerin gehandelt, die in Verbindung mit dem belarussischen Geheimdienst steht.
Der Angeklagte, der bereits wegen anderer Vergehen mehrfach verurteilt wurde, bestritt die Vorwürfe vehement. Er soll sich als Freiwilliger ausgegeben haben, um Zugang zu den Räumlichkeiten und Veranstaltungen von in Litauen ansässigen Organisationen der Demokratiebewegung zu erhalten und dort Kontakt mit Belarussen aufzunehmen. Diese hatten die litauischen Behörden über seine verdächtigen Aktivitäten informiert.
Litauen gilt seit längerem als ein sicherer Zufluchtsort für die belarussische Opposition und unterstützt die Demokratiebewegung im Nachbarland aktiv. Nach Angaben der Migrationsbehörde in Vilnius leben derzeit mehr als 62.000 Belarussen in Litauen. Viele von ihnen flohen nach der international umstrittenen Präsidentschaftswahl im August 2020 unter großem Druck des belarussischen Machtapparats in das EU-Land. Zu den bekannten Flüchtlingen gehört auch die Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja.