Die Fintech-Welt ist nicht gerade für ihre Stabilität bekannt, doch der jüngste Deal zwischen Liqid und Forget Finance zeigt, wie eng Erfolg und Scheitern beieinanderliegen können.
Forget Finance, einst angetreten, um Anfängern den Einstieg in die Geldanlage zu erleichtern, verabschiedete sich Anfang Dezember vom Markt. Kunden und Daten wurden an den Robo-Advisor Evergreen übergeben, die App sollte Ende 2024 abgeschaltet werden. Doch nun zeichnet sich ein neuer Weg ab.
Forget Finance: Vom Coaching zur Übernahme
Forget Finance war nicht nur ein Fintech, sondern ein Experiment: Mit Finanzcoaching und später einer App, die sich auf Paarfinanzen konzentrierte, versuchte das Start-up, eine Nische zu finden.
Doch die Kundenakquise blieb schleppend, und auch strategische Kurswechsel konnten die App nicht retten. Anfang Dezember zog Mitgründer Konradin Breyer die Reißleine und erklärte, dass Forget Finance als eigenständige Plattform nicht mehr fortgeführt wird.
Die Überraschung folgte wenige Wochen später: Der Vermögensverwalter Liqid übernimmt die Technologie sowie das Gründerteam von Forget Finance. Breyer und Co-Gründer Jurek Herwig wechseln in die Liqid-Strukturen.
Über die Höhe der Übernahme schweigen beide Seiten, Branchenexperten schätzen die Summe jedoch als moderat ein – schließlich war Forget Finance zum Zeitpunkt des Deals faktisch abgewickelt.
Liqid setzt auf Technologie und Köpfe
Für Liqid, das sich auf vermögende Kunden spezialisiert hat, könnte der Kauf strategisch sinnvoll sein. Die bestehende App von Liqid erfüllt bereits solide Anforderungen an modernes Vermögensmanagement, doch die Expertise der Forget-Finance-Gründer in Bereichen wie Finanzcoaching und UX-Design könnte neue Akzente setzen. Denkbar ist etwa die Integration von Funktionen, die eine personalisiertere Kundenansprache ermöglichen.
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Auch die technische Infrastruktur von Forget Finance dürfte für Liqid nützlich sein. Die App, die durch verschiedene Entwicklungsphasen gegangen ist, bringt Datenmanagement- und Schnittstellenlösungen mit, die in die bestehenden Angebote integriert werden könnten.
Ein Markt voller Herausforderungen
Die Übernahme wirft ein Schlaglicht auf die Schwierigkeiten, mit denen viele Fintech-Start-ups zu kämpfen haben. Forget Finance war kein Einzelfall: Hohe Marketingkosten, ein stark regulierter Markt und die Notwendigkeit, Vertrauen bei den Nutzern aufzubauen, sind nur einige der Hürden.
Hinzu kommt der wachsende Druck durch etablierte Anbieter wie Scalable Capital oder Quirion, die den Markt mit aggressiver Preisgestaltung und umfassenden Angeboten dominieren. Für kleinere Anbieter wird es immer schwieriger, sich in diesem Umfeld zu behaupten.
Was Liqid vorhat
Offiziell hält sich Liqid bedeckt, was die konkreten Pläne für die Integration von Forget Finance betrifft. Klar ist jedoch, dass der Vermögensverwalter mit der Übernahme nicht nur auf Technologie, sondern auch auf die Gründer setzt. „Wir freuen uns darauf, die Expertise des Teams in unsere Strategie einzubringen“, so ein Unternehmenssprecher.
Die Integration könnte auch dazu dienen, das Angebot von Liqid weiter zu diversifizieren und stärker auf die Bedürfnisse jüngerer Zielgruppen zuzuschneiden. Bislang liegt der Fokus des Unternehmens auf wohlhabenden Privatkunden mit einem Anlagevolumen von mindestens 100.000 Euro – ein Segment, das durch innovative Tools und Ansätze noch weiter erschlossen werden könnte.
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