27. Oktober, 2024

Börse

Linus im freien Fall? Berliner Proptech kämpft um sein Überleben

Vom Börsentraum zum Absturz – die Berliner Immobilienplattform Linus verzeichnet massiv sinkende Umsätze und zieht sich vom Börsenparkett zurück. Neue Investoren setzen trotz Krise auf einen Turnaround.

Linus im freien Fall? Berliner Proptech kämpft um sein Überleben
Geplatzte Träume: Als erstes Berliner Fintech ging Linus 2021 an die Börse – heute steht das Unternehmen vor einem Neustart ohne den Schutz des Parketts.

Ein Hoffnungsträger in der Krise

Der Plan war ehrgeizig: 2021 ging Linus als erstes Berliner Fintech an die Börse, mit dem Ziel, den Immobilienmarkt zu revolutionieren. Investieren sollten nicht nur Großanleger, sondern auch Kleinanleger, die ab 50.000 Euro an Immobilienprojekten teilhaben konnten.

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Investor Relations: alle wichtigen Informationen über die Kapitalmarktaktivitäten der Linus Digital Finance AG

In der Immobilienbranche war Linus ein Pionier und versprach lukrative Deals. Doch die Hoffnungen zerschlugen sich schneller als erwartet: Steigende Zinsen und ein eingebrochener Immobilienmarkt setzten dem einstigen Wachstumswunder zu.

Quelle: Eulerpool

Ein Rückzug von der Börse und ein rapider Umsatzrückgang lassen das Unternehmen heute als Schatten seines früheren Selbst dastehen.

Sinkende Umsätze und ein neues Geschäftsmodell

Im ersten Halbjahr 2024 sackte der Umsatz auf kaum mehr als eine Million Euro ab – im Vergleich zu zwölf Millionen Euro im Boom-Jahr 2021 ein drastischer Rückgang. Verantwortlich dafür ist vor allem das schwache Geschäft mit Vermittlungsgebühren, die sich zuletzt auf einen Bruchteil der früheren Werte reduzierten.

Quelle: Eulerpool

Das Unternehmen hängt mittlerweile an Einnahmen wie „Break-Fees“ und „Exit Fees“, die für vorzeitige Tilgungen oder Vertragsstrafen gezahlt werden – jedoch kaum Planungssicherheit bieten. Co-CEO Christopher Danwerth verweist auf einen Strategiewechsel: Linus setze gezielter auf stabilere Gebührenstrukturen und wähle Investments bedachter aus. Doch der Ertrag bleibt aus – zumindest bislang.

Neue Investoren und frische Hoffnung?

Während die Unsicherheiten bleiben, investierten im Oktober die Immobilienmanager Philipp Horsthemke und Matthias Mittermeier von Coros. Gemeinsam erwarben sie mehr als 70 Prozent der Anteile und verheißen Linus eine zweite Chance.


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Trotz der Börsenkrise bewerten sie das Geschäftsmodell von Linus optimistisch: „Linus hat das Potenzial, wichtige Marktlücken zu füllen“, so Horsthemke. Dass die Investoren rund das Zehnfache des aktuellen Börsenkurses gezahlt haben, gibt zumindest einen Hinweis auf das Vertrauen, das sie dem Startup noch immer entgegenbringen.

Immobilienmarkt im Wandel – und Linus unter Druck

Die Finanzwelt ist skeptisch. Linus kämpft an mehreren Fronten: Die gestiegenen Zinsen belasten das Finanzierungsvolumen, und die Nachfrage nach Immobilienkrediten ist zurückgegangen. Entlassungen und Ausgabenstreichungen haben Linus einen rigorosen Sparkurs auferlegt.

Doch die Belastungen bleiben, wie auch der aktuelle Halbjahresbericht zeigt: Ein negatives Ergebnis von -2,7 Millionen Euro gibt wenig Anlass zur Zuversicht.

Auf der Website werden aktuell nur noch zwei Projekte zur Investition angeboten, eines davon von einem US-Partnerfonds – ein Zeichen dafür, dass die neue Marktlage das Geschäftsmodell erheblich umkrempelt.

Von ehemals zahlreichen Immobilienprojekten sind auf der Linus-Plattform nur noch zwei übrig – die Marktveränderungen zwingen zur Sparsamkeit.

Linus plant, sein internationales Netzwerk auszubauen, um so für zusätzliche Stabilität zu sorgen. Doch diese Vorhaben schlagen sich bislang nicht in den Geschäftszahlen nieder.

Börsenrückzug und Zukunftsstrategie

Der sinkende Börsenkurs spiegelt den harten Boden wider, auf dem Linus gelandet ist: Der Kurs liegt heute bei etwa 1,70 Euro, einstige Höchstwerte von rund 240 Millionen Euro Marktkapitalisierung sind nur noch Geschichte.

Co-CEO Danwerth führt die niedrige Bewertung auf die geringe Liquidität an der Börse zurück und beschreibt den aktuellen Kurs als „wenig aussagekräftigen Indikator“. Mit dem Rückzug von der Börse will sich das Unternehmen neu strukturieren und die Flexibilität erhöhen.

Die Zukunft bleibt unsicher

Linus hat bereits einen steinigen Weg hinter sich, und ob die neuen Eigentümer mit ihrem Optimismus recht behalten, wird sich zeigen. „Wir rechnen für das Geschäftsjahr 2024 mit einem positiven Ergebnis im einstelligen Millionenbereich“, so die optimistische Prognose im aktuellen Bericht. Dennoch bleibt die Frage offen, ob Linus es schafft, in einem angespannten Marktumfeld und bei steigenden Zinsen langfristig profitabel zu werden.