Die angekündigte „Lindner-Rente“ wirft ihre Schatten voraus: Geht es nach dem Plan des Finanzministeriums, sollen die Deutschen ab 2026 in ein staatlich gefördertes Aktien-Depot investieren können – ein neuer Ansatz für die Altersvorsorge, der den Markt aufrüttelt und Fintechs wie Banken elektrisiert.
Doch während viele Akteure großes Potenzial wittern, klingt auch eine warnende Stimme an: Wird das Altersvorsorgedepot zur Erfolgsgeschichte oder scheitert es wie die Riesterrente an Bürokratie und Kosten?
Die Aktienrente: Ein Milliardenmarkt wartet
Der staatlich geförderte Aktienmarkt für die Altersvorsorge klingt fast zu schön, um wahr zu sein: Für jeden investierten Euro sollen Sparer 20 Cent Zuschuss vom Staat erhalten, und das Beste: Die geförderten Beiträge wären steuerfrei.
Max Linden, Gründer von Lemon Markets, erinnert sich genau, wie das Thema ihn erreichte:
„Kaum war der Gesetzentwurf öffentlich, stand das Altersvorsorgedepot in jedem Gespräch auf der Agenda.“
Schon die Riesterrente, vor über 20 Jahren eingeführt, hatte Millionen Kunden angezogen. Nun sehen Fintechs und Banken eine zweite Chance. Die Branche rechnet fest damit, dass sich ein ähnlicher Boom wiederholen könnte, diesmal durch die „Lindner-Rente“.
„Für Deutschland ist das ein neues Geschäftsfeld, ein ganzer Markt entsteht – und das für fast jeden, der noch nicht im Rentenalter ist“, so Linden weiter.
Ein Depot für alle: Wie die Fintechs profitieren könnten
Fintechs und Neobroker wittern Morgenluft. Mit dem Vorsorgedepot hofft die Regierung, auch bisher zögerliche Sparer an den Kapitalmarkt zu bringen – in Deutschland ein weitgehend brachliegendes Feld.
Nur jeder sechste Deutsche besitzt ein Depot, während Riesterrenten-Verträge deutlich weiter verbreitet sind. Für die Fintechs bedeutet dies ein enormes Kundenpotenzial. „Die Deutschen sind als Anleger sehr zurückhaltend“, sagt Linden. „Mit staatlicher Unterstützung könnten wir endlich auch diejenigen an Bord holen, die bislang gezögert haben.“
Auch der Robo-Advisor Quirion hat konkrete Pläne. „Wir sehen hier einen riesigen Markt“, erklärt Quirion-Chef Dirk Althoff. „Ein benutzerfreundliches Angebot könnte den Unterschied machen – wir setzen auf Diversifikation und niedrige Gebühren.“
Die Herausforderung liegt für Quirion, ebenso wie für die meisten anderen Anbieter, darin, ein Paket zu schnüren, das Anleger langfristig bindet und überzeugt.
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Die „Lindner-Rente“ und die Bürokratie-Bremse
Doch in der Branche bleibt Skepsis. Ein Blick in den aktuellen Gesetzentwurf zeigt, dass das Vorsorgedepot keinesfalls ein Selbstläufer wird. Die Vorschriften sind umfangreich und die Bürokratie nicht gerade einladend, was Erinnerungen an die Riesterrente weckt – ein einst gefeiertes Projekt, das letztlich unter bürokratischen Hürden und hohen Kosten litt. Althoff bringt es auf den Punkt:
„Die Idee ist gut, aber wenn das Altersvorsorgedepot zu teuer und zu kompliziert wird, könnte es schnell das Schicksal der Riesterrente teilen.“
Auch Max Linden sieht Handlungsbedarf: „Unsere Kunden erwarten einfache, kostengünstige Lösungen. Bleibt der Entwurf so wie er ist, werden wir uns damit beschäftigen müssen, die Komplexität für den Endkunden zu reduzieren.“
Für Lemon Markets liegt der Schlüssel in technischer Effizienz, um den bürokratischen Aufwand für die Anleger unsichtbar zu machen.
Der Wettlauf hat begonnen: Wer wird der führende Anbieter?
Während die Details noch in der Schwebe sind, bereiten sich Fintechs und Banken längst auf den Start vor. Besonders Neobroker wie Scalable Capital und Quirion setzen alles daran, die ersten Anbieter auf dem Markt zu sein. Ina Froehner, Kommunikationsleiterin bei Scalable Capital, betont:
„Wir möchten früh mit einem attraktiven Angebot starten und setzen uns dafür ein, dass bürokratische Hürden abgebaut werden.“
Der Markt für das Altersvorsorgedepot wird hart umkämpft sein – und das schon vor dem offiziellen Startschuss. Max Linden beschreibt die Strategie von Lemon Markets so: „Es geht darum, den Kunden zu überzeugen und langfristig zu binden. Der Faktor Schnelligkeit ist wichtig, aber noch entscheidender ist es, das Depot von Anfang an attraktiv und einfach zu gestalten.“
Der entscheidende Faktor: Vertrauen und Klarheit
Letztlich wird der Erfolg der „Lindner-Rente“ davon abhängen, ob es der Regierung und den Anbietern gelingt, das Vertrauen der Bevölkerung zu gewinnen.
Die Deutschen sind von Natur aus skeptisch gegenüber neuen Finanzprodukten – die Riesterrente steht in Sachen Vertrauensverlust symbolisch dafür. Doch die Chancen stehen gut, wenn Anbieter Transparenz und Verständlichkeit in den Mittelpunkt stellen. „Die Herausforderung wird sein, auch diejenigen an den Kapitalmarkt zu holen, die bislang nicht investiert haben“, sagt Linden.