Christian Lindner geht einen neuen Weg in der deutschen Sozialpolitik. Der Bundesfinanzminister schlägt vor, die Sozialleistungen für ukrainische Kriegsflüchtlinge anzupassen, um die Ausgaben für das Bürgergeld zu senken.
„Wir sollten für die aus der Ukraine Geflüchteten einen eigenen Rechtsstatus erwägen“, erklärte Lindner in einem Interview.
Dieser neue Status solle Elemente der Asylbewerberleistungen und arbeitsmarktpolitische Maßnahmen des Bürgergeldes kombinieren. Es geht ihm um mehr Effizienz und gleichzeitig darum, die Flüchtlinge stärker in den Arbeitsmarkt zu integrieren.
Der Vorschlag zielt darauf ab, die staatlichen Ausgaben zu senken und die Ukraine-Flüchtlinge anders zu behandeln als andere Bürgergeldempfänger.
„Ukrainer müssen kein Asylverfahren durchlaufen, aber sie sollten auch nicht direkt auf ein sozioökonomisches Existenzminimum ohne Arbeitsverpflichtung zugreifen können“, so Lindner.
Die Herausforderung: Das Sozialsystem muss entlastet werden, doch gleichzeitig will man eine humane Lösung für die Geflüchteten finden.
EU-weite Regelungen: Massenzustrom-Richtlinie in Kraft
Seit März 2022 profitieren Ukrainer von einem besonderen Schutzstatus in der EU. Die sogenannte „Massenzustrom-Richtlinie“ gewährt ihnen automatisch einen Aufenthaltsstatus, ohne dass sie ein Asylverfahren durchlaufen müssen.
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In Deutschland bedeutet dies, dass ukrainische Kriegsflüchtlinge Anspruch auf Bürgergeld haben. Sie erhalten 563 Euro monatlich sowie zusätzliche Leistungen für Miete, Heizung und Krankenversorgung. Diese Regelungen gelten voraussichtlich bis 2026, doch Lindners Vorschlag könnte das ändern.
Pauschale statt Mietübernahme?
Ein weiterer Punkt in Lindners Reformplan betrifft die Wohnkosten. Derzeit übernehmen die Kommunen die Miete und Heizkosten von Bürgergeldempfängern, unterstützt vom Bund.
Diese Praxis will Lindner ändern. Sein Vorschlag: eine Pauschale für die Wohnkosten. „Leistungsempfänger sollten die Wahl haben, ob sie in einer kleineren Wohnung wohnen oder Heizkosten einsparen“, so der Finanzminister. Er sieht hier Einsparpotenzial in Milliardenhöhe.
Aktuell zahlt der Staat durchschnittlich 649,96 Euro pro Bedarfsgemeinschaft für Unterkunft und Heizung. Besonders die steigenden Mieten stellen eine enorme Belastung für die Kommunen dar, die diese Ausgaben auf den Bund abwälzen.
Lindner glaubt, dass eine Pauschalierung die Kosten besser kontrollieren und die Empfänger zu mehr Eigenverantwortung animieren könnte. Doch dieser Vorschlag sorgt für hitzige Debatten.
Kritik und Zustimmung
Während Lindner von einigen Seiten Unterstützung erhält – etwa vom bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder, der ebenfalls eine grundlegende Reform des Bürgergelds fordert – hagelt es von anderen Seiten scharfe Kritik. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) lehnt die Pläne entschieden ab.
„Eine Pauschale für Wohnkosten ist eine versteckte Kürzung, wenn bezahlbarer Wohnraum nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung steht“, warnt DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel. Sie sieht in Lindners Plänen populistische Angriffe auf den Sozialstaat.
Markus Söder hingegen begrüßt Lindners Vorstoß und geht sogar noch weiter: „Das Bürgergeld muss komplett neu aufgesetzt werden“, fordert er. Es dürfe nicht zu einem Anreiz für Zuwanderung in die Sozialsysteme werden.
Der politische Spagat
Lindner steht vor einem Balanceakt. Auf der einen Seite versucht er, die Staatsausgaben zu senken, um die finanzielle Stabilität zu gewährleisten. Auf der anderen Seite muss er darauf achten, dass die sozialen Sicherungssysteme nicht überstrapaziert werden und gleichzeitig den humanitären Verpflichtungen gegenüber den Geflüchteten nachkommen.
Seine Vorschläge zielen darauf ab, das Sozialsystem effizienter zu gestalten, stoßen jedoch auf Widerstand von Sozialverbänden und linken politischen Kräften.