Es ist eine Nachricht, die Libyen dringend gebraucht hat: Nach mehr als einem Monat Stillstand hat die staatliche Ölgesellschaft des Landes den Produktionsstopp aufgehoben.
Die Maschinen laufen wieder, die Pipelines sind gefüllt. Doch hinter dieser Entwicklung steckt mehr als nur die Rückkehr zum Tagesgeschäft. Der Stopp war das Ergebnis eines erbitterten Machtkampfs, der das Land seit Jahren spaltet.
Libyen, das über die größten Ölvorkommen Afrikas verfügt, ist seit dem Sturz von Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 in einem permanenten Zustand des Chaos.
Zwei rivalisierende Regierungen – eine im Osten, die andere im Westen des Landes – ringen um die Kontrolle. Jede von ihnen beansprucht die Einnahmen aus der Ölproduktion, die fast 95 Prozent der libyschen Staatseinnahmen ausmachen.
Ein Machtkampf mit weitreichenden Folgen
In der einen Ecke des Ringes steht Osama Hammad, der Ministerpräsident des Ostens, unterstützt von General Chalifa Haftar. Auf der anderen Seite: Abdel Hamid Dbaiba, der von den Vereinten Nationen anerkannte Ministerpräsident des Westens.
Lesen Sie auch:
Was sie trennt, ist nicht nur die politische Macht, sondern auch die Frage, wer die Kontrolle über Libyens Öleinnahmen haben soll. Die Lage spitzte sich zu, als der Osten den vom Westen abgesetzten Gouverneur der Zentralbank weiterhin stützte.
In dieser Bank, ansässig in der Hauptstadt Tripolis, werden die Milliarden aus dem Öl- und Gasgeschäft verwaltet – das Herzstück der libyschen Wirtschaft.
Die Ölproduktion wurde auf Eis gelegt, um zu verhindern, dass die Einnahmen aus dem Ölgeschäft in die falschen Hände gelangen. Damit wollte der Osten die Kontrolle über die Gelder erzwingen und den Einfluss des Westens schwächen. Jetzt, mit der Wiederaufnahme der Produktion, scheint sich der Konflikt zu beruhigen – zumindest vorerst.
Ein Land in Dauerkrise
Die Tragödie Libyens ist die des Überflusses: Trotz seiner enormen Ressourcen hat das Land seit dem Ende der Gaddafi-Diktatur keinen stabilen Staat aufbauen können. Der Bürgerkrieg, der 2011 ausbrach, hat das Land zerrissen.
Heute existieren zwei Regierungen, beide mit eigenem militärischen Rückhalt und internationaler Unterstützung. Im Osten sitzt Haftar, im Westen Dbaiba – und dazwischen stehen die Ölfelder und Pipelines, die für beide Lager unverzichtbar sind.
Die Lage verschärfte sich in den letzten Wochen durch den Streit um die Zentralbank. Diese Institution spielt eine Schlüsselrolle, da sie die Gehälter des öffentlichen Dienstes im ganzen Land auszahlt – also auch im Osten, der von Haftar kontrolliert wird. Der Kampf um den Gouverneur war somit auch ein Kampf um die Macht über die libysche Wirtschaft und die Verteilung der Ölgelder.
Die wirtschaftlichen Folgen des Stillstands
Die Folgen des Produktionsstopps waren schwerwiegend: Millionenverluste für die ohnehin angeschlagene Wirtschaft und ein wachsender Unmut in der Bevölkerung, die auf diese Einnahmen angewiesen ist. Libyen, dessen Ölvorkommen zu den größten in Afrika gehören, hat während des Stillstands täglich Millionen verloren. Die Ölproduktion ist das Rückgrat der Wirtschaft, und ohne die Einnahmen kann das Land kaum seine öffentlichen Dienstleistungen aufrechterhalten.
Ein fragiles Ende?
Obwohl die Maschinen wieder laufen, bleibt die Situation angespannt. Der Konflikt um die Verteilung der Ölgelder ist nur ein Teil des größeren politischen Kampfes um die Zukunft des Landes.
Das könnte Sie ebenfalls interessieren: