Im politischen Spannungsfeld des Nahen Ostens hat der geschäftsführende Regierungschef des Libanons, Nadschib Mikati, mit ungewohnt deutlichen Worten den Einfluss Irans in seinem Land angeprangert. Seit vielen Jahren hat der Iran durch die schiitische Hisbollah-Miliz erheblichen Einfluss auf die Politik und das öffentliche Leben im Libanon, wobei die Miliz quasi einen Staat im Staate gebildet hat. Als Reaktion auf diese Entwicklungen wurde der iranische Geschäftsträger ins libanesische Außenministerium bestellt. Auslöser war eine Äußerung des iranischen Parlamentssprechers Mohammed Bagher Ghalibaf, der in einem Interview Verhandlungen zwischen Teheran und Paris über die Umsetzung der UN-Resolution 1701 angedeutet hatte. Diese Resolution fordert den Rückzug der Hisbollah und weiterer bewaffneter Gruppen aus dem israelisch-libanesischen Grenzgebiet. Obwohl die Hisbollah der Resolution nicht nachkommt, intensiviert sich die Raketenoffensive gegen Israel seit Beginn des Gazakonflikts. Iranische Medien hingegen weisen zurück, dass Ghalibaf eine solche Umsetzung dieser Resolution befürwortet habe. Vielmehr strebe Teheran einen Waffenstillstand an, der sowohl den Interessen der libanesischen Regierung als auch der Hisbollah Rechnung tragen soll. Mikati äußerte sich erstaunt über Ghalibafs Aussagen und bezeichnete sie als einen eindeutigen Versuch, eine inakzeptable Vormundschaft über den Libanon sicherzustellen. Die Regierung von Beirut betont ihre Zusammenarbeit mit befreundeten Staaten wie Frankreich, um Israel zu einer Waffenruhe zu bewegen. Die Schärfe, mit der Mikati seine Kritik formulierte, wurde von Beobachtern als beispiellos eingestuft.