Ein Instrument kehrt zurück
Kurzarbeit: Für viele ist es das Symbol des deutschen Krisenmanagements. Schon in der Finanzkrise und während der Corona-Pandemie bewährte sich das Instrument, um Arbeitsplätze zu sichern und die Konjunktur zu stabilisieren.
Doch die aktuelle Entscheidung, die Bezugsdauer des Kurzarbeitergeldes von zwölf auf 24 Monate zu verlängern, kommt mit einem bitteren Beigeschmack.
„Wir verhindern Kündigungen und sichern Arbeitsplätze“, erklärte Bundeskanzler Olaf Scholz selbstbewusst beim „Stahlgipfel“ im Dezember.
Arbeitsminister Hubertus Heil setzte in einer Rede bei ThyssenKrupp in Kreuztal nach: „Das ist unsere Antwort auf die Krise.“
Doch wie dringend war diese Entscheidung wirklich? Noch Ende Oktober war eine Verlängerung der Kurzarbeit aus Sicht der Regierung „nicht notwendig“. Was hat sich seither geändert?
Von „unnötig“ zu „alternativlos“
Die Kehrtwende der Bundesregierung kam schneller als erwartet. Noch vor wenigen Monaten hieß es aus dem Arbeitsministerium, dass „außergewöhnliche Verhältnisse“ wie in der Corona-Pandemie nicht vorliegen würden.
Die Lage auf dem Arbeitsmarkt sei stabil. Doch dann schnellten die Zahlen in die Höhe: Zwischen August und September 2024 stieg die Zahl der Kurzarbeiter im verarbeitenden Gewerbe um 76 Prozent.
Ein Sprecher des Ministeriums erklärte, die neuen Daten hätten die Dramatik erst im November sichtbar gemacht.
„Im Vergleich zum Vorjahr hat sich die Zahl der Beschäftigten in Kurzarbeit nahezu verdreifacht.“
Besonders betroffen sei die Industrie, das Rückgrat der deutschen Wirtschaft.
Trotzdem bleiben Zweifel. Bernd Fitzenberger, Direktor des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), sieht die Verlängerung kritisch: „In einer Strukturkrise kann Kurzarbeit notwendige Anpassungen blockieren. Das ist riskant.“
Wer zahlt die Rechnung?
Kurzarbeit mag Arbeitsplätze retten, doch sie ist teuer. Während der Corona-Krise kostete sie die Bundesagentur für Arbeit (BA) fast 50 Milliarden Euro. Die jüngste Verlängerung wird weitere Löcher in die Kassen reißen. Schon 2024 lagen die Ausgaben für Kurzarbeitergeld bei über 700 Millionen Euro – doppelt so viel wie geplant.
Wie wird das finanziert? Die Antwort: über die Arbeitslosenversicherung. Aktuell gibt die Regierung Entwarnung, Beitragserhöhungen seien vorerst nicht geplant.
Doch Stefan Wolf, Präsident des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall, warnt: „Spätestens 2026 droht eine Erhöhung der Beiträge. Wir müssen die Konsequenzen dieser Entscheidung ehrlich betrachten.“
Auch die Arbeitgeberseite kritisiert die Maßnahme scharf. „Die Regierung gibt mit der Verlängerung indirekt zu, dass die deutsche Wirtschaft in einer tiefen Krise steckt“, so Wolf.
Eine Wette auf die Zukunft
Die Verlängerung des Kurzarbeitergeldes ist ein zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite gibt sie Unternehmen und Arbeitnehmern Zeit, auf der anderen Seite könnte sie notwendige Reformen und Transformationen bremsen.
Die Bundesregierung hofft, dass sich die Konjunktur erholt und die Maßnahme nur eine Brücke ist. Doch die Warnungen der Experten sind laut. Oliver Zander vom Arbeitgeberverband Gesamtmetall bringt es auf den Punkt: „Kurzarbeit sichert Arbeitsplätze, aber sie sichert keine Zukunft.“
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