Die Zahlen sprechen gegen AMD
Minus 43 Prozent in zwölf Monaten, fast ein Drittel seit Jahresbeginn – rein charttechnisch wäre bei AMD längst die Alarmstufe rot erreicht. Und nun senkt auch noch Bernstein Research den Daumen: Das neue Kursziel liegt bei nur noch 95 US-Dollar, eine kräftige Korrektur von zuvor 125 Dollar. Doch was macht der Markt? Er zuckt mit den Schultern. Die Aktie steigt.

Warum Anleger nicht in Panik verfallen, obwohl die Risiken auf dem Tisch liegen, hat mehrere Gründe. Und keiner davon findet sich in einem klassischen Bewertungsmodell.
China, Zölle, KI: Die wackelige Grundlage der AMD-Fantasie
Die Analystin Stacy Rasgon nennt klare Gründe für ihren Pessimismus. Erstens: Die neuen Exportbeschränkungen in China treffen AMD mitten ins Herz – das Potenzial im KI-Segment wird dadurch erheblich eingeschränkt. Zweitens: Die Konkurrenz durch Intel wächst. Und drittens: Auch andere Geschäftsbereiche wie Embedded Systems oder Gaming leiden unter den makroökonomischen Unsicherheiten.
Insbesondere die China-Politik Washingtons wird zunehmend zur Belastung. AMD ist zwar nicht so abhängig von China wie Nvidia, doch ein wachsender Anteil des Umsatzes – insbesondere im KI-nahe Umfeld – stammt aus Regionen, die nun geopolitisch risikobehaftet sind. Rasgons Modellrechnung ist ernüchternd: Jede Milliarde an entgangenem Umsatz kostet AMD rechnerisch 25 Cent Gewinn pro Aktie.
Trotz allem: Anleger bleiben gelassen
Die vielleicht spannendste Beobachtung aber ist: Die Börse bewertet AMD derzeit nicht allein nach kurzfristigen Margen oder Quartalszahlen. Die Aktie legte am Tag der Kurszielsenkung sogar zu – erst im späten Handel um 0,82 %, dann vorbörslich noch einmal um über 3 %. Das ist kein Reflex, das ist ein Statement.
Denn das durchschnittliche Kursziel liegt laut TipRanks mit rund 141 Dollar weiterhin deutlich über dem aktuellen Kurs. Zwei Drittel der Analysten empfehlen die Aktie weiterhin zum Kauf. Der Tenor: Wer an die langfristige Rolle von AMD im KI- und Servermarkt glaubt, sollte den aktuellen Rücksetzer als Einstiegschance sehen.
Intel kommt, aber noch nicht an
Auch die Konkurrenz durch Intel sollte man nicht überbewerten. Zwar holt der einstige Riese operativ wieder auf – zuletzt auch durch schmerzhafte, aber gezielte Stellenstreichungen.
Doch technologisch liegt AMD in mehreren Bereichen weiterhin vorne, insbesondere bei energieeffizienten High-Performance-Chips für Rechenzentren.
Zudem hat AMD mit Xilinx (nach der Übernahme) ein Ass im Bereich FPGA und Embedded Systems im Portfolio – ein Bereich, der mit wachsender Automatisierung und Edge-Computing immer wichtiger wird.
Der Markt glaubt an die Story – trotz aller Dämpfer
Im Kern vertraut der Kapitalmarkt auf eine AMD-typische Stärke: strategische Fokussierung. Während viele Wettbewerber sich in zu vielen Segmenten verzetteln oder wie Intel Altlasten abtragen, bleibt AMD trotz Gegenwind vergleichsweise agil. Lisa Su, CEO des Unternehmens, genießt hohes Vertrauen bei institutionellen Investoren. Und das ist in unsicheren Zeiten oft mehr wert als ein paar Cent Gewinnprognose.