18. Dezember, 2024

Politik

Krisenstimmung in Kanada: Trudeau unter Druck nach Freeland-Rücktritt

Krisenstimmung in Kanada: Trudeau unter Druck nach Freeland-Rücktritt

Der kanadische Premierminister Justin Trudeau sieht sich mit der schwerwiegendsten Krise seiner bisherigen Amtszeit konfrontiert. Auslöser dieser Turbulenzen ist der Rücktritt von Finanzministerin Chrystia Freeland nach einem Policy-Konflikt. Diese Entwicklungen stellen Trudeaus neun Jahre währende Führung in Frage und nähren Spekulationen über seine politische Zukunft.

Ein parteiinterner Machtwechsel gestaltet sich in Kanada jedoch schwieriger als beispielweise in Großbritannien. Dort kann die parlamentarische Fraktion den Parteichef rasch ablösen. In Kanada hingegen wird der Vorsitzende der Liberalen Partei durch einen Sonderparteitag bestimmt, was eine formale Abberufung Trudeaus im Alleingang erschwert. Dennoch könnte erheblicher Druck aus den eigenen Reihen, insbesondere durch Kabinettskollegen und eine große Anzahl der Abgeordneten, den Premier zum Rücktritt bewegen.

Auch das Parlament könnte eine entscheidende Rolle spielen. Trudeaus Regierung muss das Vertrauen des Unterhauses halten, insbesondere bei Abstimmungen über Haushaltspläne und andere fiskalische Themen. Ein verlorenes Vertrauensvotum würde automatisch Neuwahlen auslösen. Da das Parlament jedoch bis Ende Januar pausiert, wird erwartet, dass frühestens im späten Februar oder März ein Misstrauensantrag gestellt werden könnte.

Eine theoretische, wenn auch unwahrscheinliche Option wäre das Eingreifen von Generalgouverneurin Mary Simon, die jedoch wohl kaum einen Premier entlassen würde, der das Vertrauen des Parlaments genießt. Derzeit stützen sich die Liberalen auf die Unterstützung der New Democrats, die sich ebenfalls in einer schwierigen Lage befinden. Auch sie hätten bei Neuwahlen gegen die oppositionellen Konservativen wenig Chancen. Daher könnte Jagmeet Singh, der Vorsitzende der New Democrats, dazu tendieren, Trudeau noch eine Weile im Amt zu belassen.

Sollte Trudeau zurücktreten, würde ein interimistischer Vorsitzender das Ruder übernehmen, während die Liberalen einen Sonderparteitag organisieren. Diese Veranstaltungen erfordern üblicherweise mehrere Monate Vorbereitung, doch könnte es sein, dass vor der Abhaltung Neuwahlen ausgerufen werden. Traditionell kandidiert ein Übergangsvorsitzender nicht für das Amt des Partei- und Regierungschefs. Somit wäre eine rasche Nachbesetzung durch Chrystia Freeland ausgeschlossen, falls sie sich überhaupt zur Kandidatur entscheiden sollte.