Volkswagen, einst ein Symbol deutscher Ingenieurskunst und wirtschaftlicher Stärke, steht vor möglicherweise beispiellosen Veränderungen. Die aktuelle Krise zwingt den Autobauer zu einem Sparprogramm, das die gesamte Belegschaft und die deutschen Produktionsstätten betrifft.
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Kritische Zeiten für Deutschlands Autogiganten
VW kämpft mit sinkender Wettbewerbsfähigkeit und schrumpfenden Marktanteilen. Die aktuellen Pläne des Managements könnten das erste Mal in der Geschichte des Konzerns zur Schließung von Werken in Deutschland führen.
Diese radikalen Überlegungen wurden während einer Betriebsversammlung in Wolfsburg vor 16.000 Mitarbeitern offenbart, was auf die Dringlichkeit der Lage hinweist.
„Jede Wette, dass VW in Deutschland kein einziges Werk zumachen wird“, sagt der unabhängige Autoanalyst Jürgen Pieper. „Ein politisches Unternehmen wie VW wird bei einem immer noch zu erzielenden jährlichen operativen Gewinn im Konzern von um die 20 Milliarden Euro – selbst die Marke VW arbeitet ja nicht defizitär – solche drastischen Maßnahmen niemals durchsetzen können“, sagt Pieper.
Politische und gewerkschaftliche Reaktionen
Die Ankündigungen haben nicht nur unter den VW-Beschäftigten für Unruhe gesorgt, sondern auch die Politik und Gewerkschaften alarmiert.
Die Bundesregierung und das Land Niedersachsen, das selbst Anteile an VW hält, haben bereits ihre Unterstützung signalisiert, um die Krise zu bewältigen.
Insbesondere die Wiedereinführung von Steuervorteilen für E-Autos und die Erklärung der Situation zur Chefsache durch Bundeskanzler Olaf Scholz unterstreichen die ernsthaftigkeit der Lage.
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Spieltheoretischer Schachzug des Managements?
Für das VW-Management könnten die drastischen Ankündigungen auch eine Verhandlungstaktik sein. Indem sie das Worst-Case-Szenario von Werksschließungen in den Raum stellen, könnten sie darauf abzielen, größere Zugeständnisse von Gewerkschaften und Politik zu erzwingen, ohne tatsächlich zu solch extremen Maßnahmen greifen zu müssen.
Wie viele Stellen könnten gestrichen werden?
Volkswagen hat nicht konkret angegeben, wie viele Arbeitsplätze betroffen sein könnten, aber interne Quellen sprechen von etwa 20.000 Stellen, die möglicherweise bis 2026 gestrichen werden könnten.
Diese Zahl reflektiert die dringende Notwendigkeit des Konzerns, die Personalkosten signifikant zu reduzieren, um auf die sinkende Nachfrage und die hohen Betriebskosten zu reagieren. VW verfolgt bereits verschiedene Maßnahmen wie Altersteilzeit und Abfindungen, um diese Reduzierungen umzusetzen.
Wer spielt eine Rolle?
Die Schlüsselfiguren in dieser Krise umfassen das VW-Management, das vor allem die Interessen der Aktionäre vertritt und nach Wegen sucht, die finanzielle Lage des Konzerns zu stabilisieren. Die Arbeitnehmervertretung, insbesondere der Betriebsrat und die Gewerkschaften, spielt eine entscheidende Rolle, indem sie die Interessen der über 120.000 Beschäftigten in Deutschland schützt.
Das Land Niedersachsen, ein wichtiger Anteilseigner mit Sperrminorität, ist ebenfalls ein zentraler Akteur, da es potenziell Arbeitsplätze und Werksschließungen in der Region beeinflussen kann.
Ist die Gewerkschaften bei VW zu mächtig?
VW’s Betriebsrat ist einer der mächtigsten in Deutschland, was teilweise durch das „VW-Gesetz“ bedingt ist, das der Arbeitnehmerseite weitreichende Mitbestimmungsrechte einräumt.
Dieses Gesetz ermöglicht es dem Betriebsrat, bei wesentlichen Unternehmensentscheidungen erheblichen Einfluss auszuüben. Zudem hat der Betriebsrat bei VW traditionell eine starke Position, die durch enge Verbindungen zu politischen Kreisen und durch die kulturelle Bedeutung von VW als nationalem Industrieikonen unterstützt wird.
Wie kam es zu der Krise?
VW ist durch eine Kombination aus externen Marktfaktoren und internen Herausforderungen in die Krise geraten. Die allgemein schwache Nachfrage nach Neuwagen in Europa, hohe Betriebs- und Produktionskosten und die teuren Anforderungen des Übergangs zu Elektrofahrzeugen haben die finanzielle Lage des Konzerns belastet.
Darüber hinaus hat das Management zugegeben, dass die bisherigen Einsparungs- und Effizienzmaßnahmen nicht ausreichen, um die finanziellen Ziele zu erreichen.