Die gestiegenen Energiepreise haben im vergangenen Jahr Millionen von Menschen in Deutschland finanziell überfordert. Laut dem Statistischen Bundesamt lebten 5,5 Millionen Menschen in Haushalten, die sich aufgrund von Geldmangel keine angemessene Heizung leisten konnten. Das entspricht einem Anteil von rund 6,6 Prozent der Bevölkerung. Im Vergleich zum Vorjahr (3,3 Prozent) hat sich dieser Anteil somit verdoppelt. Die größte Belastung betraf Alleinerziehende, von denen mehr als 14 Prozent angaben, ihre Wohnung nicht ausreichend heizen zu können. Auch Haushalte mit mindestens drei Kindern (9,7 Prozent) und Alleinlebende (7,3 Prozent) waren überdurchschnittlich betroffen.
Als Ursache für den gestiegenen Anteil an Menschen, die sich 2022 nicht angemessen heizen konnten, nennen die Statistiker die höheren Energiepreise infolge des Ukraine-Konflikts. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, plant die Bundesregierung, die Strom- und Gaspreisbremsen drei Monate früher auslaufen zu lassen als ursprünglich geplant. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) erklärte, dass die Energiepreisbremsen zum Jahreswechsel beendet werden könnten. Er verwies darauf, dass in ganz Deutschland wieder Strom- und Gastarife verfügbar seien, die zwar deutlich höher als vor der Krise lägen, jedoch meist unterhalb der Preisbremsen und spürbar unter den Preisen des letzten Herbstes und Winters. Scholz betonte zudem, dass die vorhandenen Gasspeicher gut gefüllt seien und keine plötzlichen Preissprünge zu erwarten seien. Sollten die Energiepreise dennoch unerwartet dramatisch steigen, sei die Regierung jederzeit in der Lage, kurzfristig zu handeln.
Die Ankündigung der Bundesregierung, die Preisbremsen früher zu beenden, stößt jedoch auf Kritik. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen bemängelt, dass Verbraucher dadurch hohe Kosten entstehen würden. Insbesondere Haushalte mit geringem Einkommen dürften im Winter nicht in eine finanzielle Notlage geraten. Verbandschefin Ramona Pop fordert deshalb von der Regierung, Verbraucher auf andere Weise gezielt zu entlasten.
Es wird erwartet, dass die Verbraucher nach Auslaufen der Preisbremsen im Durchschnitt nur mit geringen Mehrkosten rechnen müssen. Vergleichsportale geben an, dass die Preise für Neukunden seit Monaten flächendeckend unterhalb der Preisbremsen liegen und derzeit so günstig sind wie zuletzt im Oktober 2021. Im Bundesdurchschnitt kostet Gas derzeit 8,4 Cent pro Kilowattstunde und Strom 28,8 Cent. Allerdings liegt das aktuelle Preisniveau beim Gas fast doppelt so hoch wie vor der Krise (+85 Prozent), während die Strompreise immer noch etwa 15 Prozent höher liegen.
Deutschland schneidet im Vergleich zum EU-Durchschnitt besser ab. Der Anteil der Menschen, die sich finanziell nicht angemessen heizen können, beträgt in der Europäischen Union 9,3 Prozent. Am höchsten ist dieser Anteil in Bulgarien (22,5 Prozent), Zypern (19,2 Prozent) und Griechenland (18,7 Prozent). Finnland, Luxemburg und Slowenien haben mit Werten von 1,4 Prozent, 2,1 Prozent und 2,6 Prozent die niedrigsten Anteile.