In einem herben Rückschlag für den britischen Premierminister Rishi Sunak hat der Oberste Gerichtshof seine Pläne zur Abschiebung irregulär eingereister Migranten nach Ruanda als rechtswidrig erklärt. Das Gericht stellte fest, dass Ruanda nicht als sicheres Drittland betrachtet werden könne und führte dazu vor allem Berichte des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR an. Die Entscheidung steht im Einklang mit der Europäischen Menschenrechtskonvention, der Flüchtlingskonvention der Vereinten Nationen und anderen internationalen Abkommen.
Sunak, dessen Partei in Umfragen hinter der Oppositionspartei Labour liegt, kündigte trotz der Gerichtsentscheidung an, seine Pläne mithilfe einer 'Notfall-Gesetzgebung' durchsetzen zu wollen. Er betonte, er werde nicht zulassen, dass ein ausländisches Gericht die Abschiebeflüge nach Ruanda verhindert. Es besteht außerdem die Möglichkeit, dass Großbritannien die Europäische Menschenrechtskonvention verlässt. Sunak reagiert damit auf Forderungen des rechten Flügels seiner Konservativen Partei, einen Einspruch von Betroffenen beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte abzublocken.
Die Abschiebungen nach Ruanda sollten ein Teil von Sunaks Versprechen sein, kleinere Boote zu stoppen, mit denen Migranten über den Ärmelkanal nach Großbritannien gelangen. Obwohl die Zahl der Ankünfte im Vergleich zum Vorjahr gesunken ist, wurde das Versprechen bisher nicht eingelöst. Das Urteil des Obersten Gerichtshofs gilt als weiterer Rückschlag für den Premierminister, der seine Machtbasis in der eigenen Partei durch den Rauswurf der bisherigen Innenministerin Suella Braverman geschwächt hat. Braverman hatte Sunak vorgeworfen, er habe die Wähler belogen und das Land betrogen.
Das Vorhaben, irreguläre Migranten ohne Prüfung eines Asylantrags direkt nach Ruanda abzuschieben, hatte international für Kritik gesorgt. Das UNHCR bezeichnete es als Bruch internationalen Rechts, und Englands Bischöfe sprachen von einer 'Schande für Großbritannien'. Außerdem bestehen Zweifel, ob der erhoffte Abschreckungseffekt tatsächlich eintreten würde.
Die britische Regierung verweist auf Debatten in Deutschland und anderen europäischen Ländern, die ebenfalls die Auslagerung von Asylverfahren in Drittländer diskutieren. In Deutschland gibt es jedoch bisher keine klaren Pläne, Migranten nach einem One-Way-Ticket-Modell nach Ruanda oder in ein anderes Drittland abzuschieben.