Das Ende der Freiberuflichkeit: Glovo gibt nach
Es ist eine Entscheidung, die Signalwirkung hat: Glovo, die spanische Tochter des Essenslieferdienstes Delivery Hero, verabschiedet sich vom Freelance-Modell. Zukünftig sollen die 15.000 Fahrer des Unternehmens fest angestellt werden.
Der Grund? Druck von den spanischen Arbeitsbehörden, die Verstöße gegen das Arbeitsrecht vermuten.
Dieser Schritt ist teuer. Allein im kommenden Jahr erwartet Delivery Hero, dass Glovo einen um 100 Millionen Euro geringeren operativen Gewinn ausweist.
Doch die Kosten hören damit nicht auf: Für Sozialversicherungsbeiträge, Bußgelder und andere Nachzahlungen rechnet das Unternehmen mit Eventualverbindlichkeiten von 440 bis 770 Millionen Euro – ein Anstieg, der Analysten alarmiert.
Spanien als Brennpunkt der Gig Economy
Glovo ist nicht das einzige Unternehmen, das in Spanien mit der Regulierung der sogenannten Gig Economy zu kämpfen hat. Seit Jahren fordern Arbeitsrechtler und Gewerkschaften strengere Regeln für Plattformen wie Lieferdienste.
Die Regierung hat darauf reagiert: Mit der sogenannten „Rider Law“ wurden die Rechte von Fahrern gestärkt, die oft als Scheinselbstständige gelten.
Für Glovo bedeutet dies: Das Geschäftsmodell muss radikal umgebaut werden. Die Umstellung von Freelance auf feste Verträge ist nicht nur logistisch anspruchsvoll, sondern auch finanziell eine Herausforderung.
Dennoch sieht sich Delivery Hero gezwungen, diese Anpassungen vorzunehmen – auch, um langfristige Rechtsunsicherheiten zu vermeiden.
Analysten schlagen Alarm – die Aktie gerät unter Druck
Die Nachricht von Glovos Umstellung ließ den Aktienkurs von Delivery Hero am Montag in den Keller rauschen. Mit einem Minus von über 10 Prozent war der MDAX-Konzern der größte Verlierer des Tages.
UBS-Analyst Jo Barnet-Lamb bezeichnete die Anpassung der erwarteten Eventualverbindlichkeiten als „bedeutenden Sprung“. Ursprünglich hatte Delivery Hero mit deutlich niedrigeren Kosten gerechnet, jetzt zeigt sich das volle Ausmaß der finanziellen Belastungen.
Trotz der negativen Schlagzeilen betont das Unternehmen, dass die Konzernprognosen für 2024 nicht gefährdet seien. Branchenexperten wie Giles Thorne von Jefferies glauben zudem, dass die Entscheidung auch taktische Motive haben könnte – möglicherweise, um Verhandlungen über Bußgelder zu erleichtern.
Gig Economy unter der Lupe der EU
Die Herausforderungen für Glovo stehen sinnbildlich für eine größere Debatte in Europa. Mit der kürzlich verabschiedeten „Platform Work Directive“ plant die Europäische Union, die Rechte von Beschäftigten in der Gig Economy weiter zu stärken. Diese Regelungen könnten Unternehmen wie Delivery Hero in den kommenden Jahren weiter unter Druck setzen.
Die EU-Mitgliedsstaaten haben zwei Jahre Zeit, die neuen Vorschriften in nationales Recht umzusetzen. Das bedeutet: Für Plattformen wie Glovo wird es schwieriger, auf die günstige und flexible Freiberuflichkeit zu setzen.
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