Ein Tarifkonflikt, der Kitas lahmlegte, Flughäfen ausbremste und Pflegekräfte auf die Straße trieb, steuert auf ein Ende zu – mit einem Kompromiss, der kaum jemanden jubeln lässt.
Statt der geforderten acht Prozent mehr Gehalt sollen es nun gestaffelt 5,8 Prozent werden. Dazu kommt die Option auf eine freiwillige 42-Stunden-Woche. Eine Lösung? Oder ein Pyrrhussieg für alle Beteiligten?
Zwei Stufen, viel Enttäuschung
Die Vorschläge der Schlichter Roland Koch und Hans-Henning Lühr klingen auf dem Papier solide: Drei Prozent mehr Gehalt ab April 2025, mindestens 110 Euro monatlich. Weitere 2,8 Prozent ab Mai 2026.
Aber für viele Beschäftigte im unteren Lohnsegment – von Reinigungskräften über Verwaltungsangestellte bis hin zu Erzieher:innen – liegt das spürbar unter der Inflation der letzten Jahre. Auch die Mindestforderung von 350 Euro pro Monat ist weit verfehlt.
„Kaufkraftverlust bleibt Kaufkraftverlust“, sagt ein Verdi-Mitglied aus Köln. „Was bringen mir Prozentzahlen, wenn am Ende des Monats wieder das Konto überzogen ist?“
Arbeit auf Zeit – oder dauerhaft mehr?
Ein brisantes Detail des Vorschlags ist die Möglichkeit, die Wochenarbeitszeit freiwillig auf 42 Stunden zu erhöhen. Auf den ersten Blick scheint das flexibel. Auf den zweiten offenbart es eine Strategie der Arbeitgeberseite: mehr Personalleistung ohne Neueinstellungen.
Wer sich für mehr Stunden entscheidet, soll besser verdienen – doch Kritiker fürchten einen „sanften Druck“, der insbesondere in unterbesetzten Bereichen wie Pflege oder Verwaltung in tatsächliche Mehrarbeit umschlagen könnte.
„Das Wort ‚freiwillig‘ verliert seine Bedeutung, wenn Strukturen fehlen, um die Arbeit zu verteilen“, warnt die Gewerkschaft GEW.

Steuerzahler sollen’s richten
Die VKA rechnet mit 15 Milliarden Euro Mehrkosten über zwei Jahre. Wer das bezahlen soll, bleibt diffus. Städte und Kommunen kämpfen vielerorts schon jetzt mit klammen Haushalten.
Es steht zu befürchten, dass Investitionen – etwa in Infrastruktur, Bildung oder Digitalisierung – auf Eis gelegt werden, um Löhne zu stemmen, die real kaum steigen.
Auch bei den Sonderzahlungen ist Vorsicht geboten: Die Ankündigung einer künftigen Erhöhung der Jahressonderzahlung ab 2026 klingt gut, doch konkrete Zahlen fehlen. Ebenso offen bleibt, wie viel Flexibilität der Umtausch von Geld in Freizeit tatsächlich bietet – und ob das nicht eher symbolpolitisch als substanziell wirkt.
Ruhe vor dem nächsten Sturm?
Ob der Vorschlag tatsächlich umgesetzt wird, entscheidet sich am 5. April, wenn sich Gewerkschaften und Arbeitgeber erneut treffen. Die Zeichen stehen auf Annahme – vor allem, weil die Alternative ein monatelanger Stillstand mit neuen Streikwellen wäre. Doch die Unzufriedenheit bleibt. In den Fluren öffentlicher Einrichtungen kursiert bereits ein Begriff: „Tariffrieden ohne Gerechtigkeit“.
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