In den anstehenden Koalitionsverhandlungen steht Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz vor der Herausforderung, bedeutende Zugeständnisse an die SPD zu machen, obwohl seine Partei die Bundestagswahl deutlich gewonnen hat. SPD-Parteichef Lars Klingbeil betonte die Bereitschaft der Sozialdemokraten, politische Verantwortung zu übernehmen, jedoch nur unter der Bedingung, dass Merz seine politische Ausrichtung und den Kommunikationsstil grundlegend verändert. Die arbeitende Mittelschicht sowie die Stabilisierung der Renten stehen dabei im Mittelpunkt der Forderungen. Die Verhandlungen sind alles andere als gesichert, und die Initiative liegt eindeutig bei Merz, der nun den Dialog eröffnen muss.
Besonders im Verteidigungsbereich sind klare Ansagen zu vernehmen: Verteidigungsminister Boris Pistorius von der SPD fordert eine Verdopplung des Militäretats auf über 100 Milliarden Euro. Diese Forderung führt zu Spannungen innerhalb der Union, die, vertreten durch Thorsten Frei, an der Schuldenbremse im Grundgesetz festhalten möchte. Markus Söder von der CSU erwartet trotz inhaltlicher Differenzen ein positives Ergebnis der Koalitionsverhandlungen und verweist auf tiefgreifende Diskussionsthemen wie die Wahlrechtsreform und die Migrationspolitik.
Der Haushalt und die Wirtschaftsplanung der neuen Regierung stehen unter keinem günstigen Stern. Laut Monika Schnitzer vom Sachverständigenrat besteht die Gefahr einer anhaltenden Rezession in Deutschland, während Veronika Grimm ebenfalls auf eine Wachstumsagenda drängt, die Steuer- und Strukturreformen einschließt. Der kommende Winter wird eine Probe der politischen und wirtschaftlichen Weitsicht der möglichen neuen Regierung.
Trotz der Unsicherheiten formiert sich die neue politische Landschaft bereits. Heute finden erste Sitzungen der neu gewählten und bisherigen Abgeordneten statt. Die CDU und CSU erneuern ihre Fraktionsgemeinschaft, während die AfD ihre Führung mit Alice Weidel und Tino Chrupalla neu bestätigt. Auch die Linke startet mit konstituierenden Sitzungen in die kommende Legislaturperiode, während SPD und Grüne zunächst ohne personelle Entscheidungen zusammenkommen.