In Österreich stehen die Koalitionsverhandlungen zwischen der rechten FPÖ und der konservativen ÖVP auf der Kippe. Der Herstellung eines Konsenses scheint in weite Ferne gerückt, da die FPÖ jüngst einen Kompromissvorschlag zur Verteilung der Ministerien ablehnte. FPÖ-Chef Herbert Kickl sieht die Problematik auf Seiten der ÖVP, welche die Blockade der Gespräche verursache.
Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat angesichts der stockenden Gespräche eine schnelle Entscheidung gefordert. Es stellt sich die Frage, ob die Verhandlungen fortgeführt oder abgebrochen werden. Zudem ist in fundamentalen Punkten der Verhandlungen kaum Fortschritt zu verzeichnen, während der Ton in den öffentlichen Stellungnahmen beider Parteien an Schärfe zunimmt.
Ein Hauptstreitpunkt ist das Innenministerium, welches von beiden Parteien beansprucht wird. Die ÖVP machte den Vorschlag, die Themen Migration und Asyl in ein eigenes Ministerium unter Führung der FPÖ auszulagern, doch dies wurde von der FPÖ konsequent abgelehnt. Kickl betonte, dass die Sicherheit und Asylpolitik Kernkompetenzen seiner Partei seien. Die FPÖ bietet der ÖVP im Gegenzug Schlüsselbereiche wie Außenpolitik, Wirtschaft, Infrastruktur und Verteidigung an.
Die Verhandlungen werden durch gegenseitige Beschuldigungen erschwert. Kickl warf der ÖVP vor, dass ohne Klärung der Ressortverteilung keine substanzielle Diskussion möglich sei. ÖVP-Generalsekretär Alexander Pröll kritisierte die FPÖ für ihr Zögern, auf einen Vorschlag zu reagieren, der ein Bekenntnis zur EU und gegen ausländische Einflussnahme beinhaltet. Markus Wallner, Landeschef der ÖVP in Vorarlberg, beschuldigte Kickl, "im Machtrausch" gefangen zu sein, anstatt pragmatische Lösungen anzustreben.
Sollten die Verhandlungen scheitern, könnten eine Übergangsregierung oder Neuwahlen die Folge sein. Aktuelle Umfragen bescheinigen der FPÖ steigende Popularitätswerte, die im Falle einer Neuwahl zu einem größeren Erfolg als im letzten September führen könnten, als die Partei knapp 29 Prozent erreichte.