In der jüngsten Kontroverse um mutmaßlich gefälschte Klimaschutz-Zertifikate fordern Mitglieder der Union umgehend umfassende Aufklärung von Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne). Anja Weisgerber, umweltpolitische Sprecherin der Unionsfraktion, mahnte eine gründliche Untersuchung an, da seit Monaten keine Maßnahmen ergriffen worden seien. Sie betonte, dass es sich um ein signifikantes Kontrollversagen handle, für das Lemke die Verantwortung übernehmen müsse. Weisgerber forderte, die Untersuchung zur Chefsache zu machen, kurz bevor Lemke im Umweltausschuss des Bundestages Fragen zu diesen Unregelmäßigkeiten beantworten soll.
Hintergrund sind Vorwürfe des Betrugs im Zusammenhang mit Projekten in China, die es deutschen Mineralöl-Konzernen ermöglichen, ihre klimabezogenen gesetzlichen Vorgaben zu erfüllen. Diese Firmen können CO2-Emissionen in ihrer Lieferkette reduzieren und erhalten dafür entsprechende Zertifikate zur Verbesserung ihrer Klimabilanz in Deutschland. Diese „Upstream Emission Reduction“-Projekte (UER) werden vom Umweltbundesamt (UBA) genehmigt und auf die Treibhausgasminderungsquote im Verkehr angerechnet.
Nach Prüfung durch das UBA müssten rund 40 von 60 Projekten in China erneut intensiv untersucht werden. Bei zehn dieser Projekte gibt es nach Angaben des UBAs besonders deutliche Hinweise auf Betrug. Diese Verdachtsmomente veranlassten das UBA, Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Berlin zu stellen. Erste Erhebungen deuten auf ein strukturelles Betrugsgeflecht hin, das suggeriert, dass deutsche Konzerne möglicherweise Klimaschutzbeiträge angerechnet bekommen haben, obwohl einige Projekte in China nicht existieren sollen.
UBA-Chef Dirk Messner erklärte kürzlich, dass die Überprüfung der China-Projekte nicht direkt durch das UBA, sondern durch Zertifizierungsunternehmen erfolge. Er betonte, dass der Überprüfungsmechanismus auf Vertrauen in die Verifizierer und Validierer basiere und das UBA hiermit an die Grenzen der Nachweisbarkeit stoße.
Das UBA erhielt Ende August 2023 erste Hinweise auf Unregelmäßigkeiten, das Umweltministerium wurde im letzten Quartal 2023 informiert. Ende Januar 2024 wurden dann Vorwürfe gegen mehrere Projekte erhoben, woraufhin das Ministerium entschied, die Anrechnung von UER-Projekten zu beenden. Anja Weisgerber kritisierte, dass dieser Schritt möglicherweise zu spät erfolgt sei.