Die jüngste Forschung der ETH Zürich, veröffentlicht in den „Proceedings“ der US-nationalen Akademie der Wissenschaften („PNAS“), wirft ein neues Licht auf die vielfältigen Folgen des Klimawandels. Wissenschaftler um Mostafa Kiani Shahvandi fanden heraus, dass das Schmelzwasser der Polargebiete in die Weltmeere fließt und die Erdrotation dadurch minimal verlangsamt. Der aktuelle Effekt des Klimawandels auf die Tageslänge liegt bei etwa 1,33 Millisekunden pro Jahrhundert – eine fast unmerkliche, aber signifikante Änderung. Der Mond ist bekanntlich ein wichtiger Faktor für die Erdrotation, übt er doch durch seine Anziehungskraft Gezeitenkräfte aus, die die Tageslänge ebenfalls geringfügig verlängern. Interessanterweise könnte der Einfluss des Klimawandels auf die Erdrotation zukünftig sogar denjenigen des Mondes übertreffen, wenn die Treibhausgas-Emissionen nicht deutlich reduziert werden. Das würde bedeuten, dass die klimabedingte Verlängerung des Tages größer ausfällt als die durch die Gezeiten hervorgerufene. Die Forscher nutzten Satellitendaten und Computermodelle, um die Veränderungen der Tageslänge seit 1900 zu analysieren und Prognosen bis zum Jahr 2100 zu erstellen. Dabei zeigte sich, dass die klimabedingten Auswirkungen auf die Tageslänge im 20. Jahrhundert stark schwankten. So betrug die Zunahme der Tageslänge zwischen 1960 und 1980 lediglich 0,31 Millisekunden pro Jahrhundert, während von 1920 bis 1940 eine Erhöhung von 1,00 Millisekunden pro Jahrhundert festgestellt wurde. Diese Schwankungen sind auf verschiedene Faktoren wie Temperaturänderungen, Eisschmelze und Meeresspiegelanstieg zurückzuführen. Die Forschungsergebnisse für die ersten zwei Jahrzehnte des 21. Jahrhunderts bestätigen einen deutlichen Anstieg der durchschnittlichen Tagesverlängerung auf 1,33 Millisekunden pro Jahrhundert, hauptsächlich bedingt durch die schnelle Eisschmelze in Grönland und der Antarktis. Hierbei wurde auch ein gegenläufiger Effekt berücksichtigt: Das Heben der Landmassen aufgrund der schwindenden Eisschichten, beeinflusst durch Massenverlagerungen im Erdmantel, was zu einer Verkürzung der Tageslänge führt. Prognosen für das Jahr 2100 zeigen, dass bei einem ungebremsten Anstieg der Treibhausgas-Emissionen der Effekt auf die Tageslänge sogar auf 2,62 Millisekunden pro Jahrhundert ansteigen könnte, während ein starkes Absenken der Emissionen kaum Veränderungen verspricht. Dieses Szenario würde den Einfluss der Gezeitenkräfte des Mondes, welche die Tageslänge um 2,40 Millisekunden pro Jahrhundert verlängern, deutlich übertreffen.
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Klimawandel verlängert Tage: Erdrotation im Fokus
