21. Oktober, 2024

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KI-Washing: Betrug oder Marketing? – Die zweifelhaften Versprechen von Coca-Cola und Co.

Immer mehr Unternehmen werben mit angeblicher künstlicher Intelligenz, doch oft steckt nur Marketing dahinter. Der Trend könnte Konsequenzen haben – bis hin zu Schadenersatzforderungen.

KI-Washing: Betrug oder Marketing? – Die zweifelhaften Versprechen von Coca-Cola und Co.
Immer mehr Unternehmen nutzen KI als Marketingstrategie, doch oft bleibt die Technologie dahinter vage. Verbraucher könnten bald Ansprüche auf Schadenersatz haben, wenn sich solche Versprechen als falsch herausstellen.

In den USA wächst die Kritik an Unternehmen, die ihre Produkte als mit künstlicher Intelligenz (KI) entwickelt anpreisen, obwohl die Technologie oft nur in Marketingfloskeln existiert. Besonders im Visier: Branchenriesen wie Coca-Cola und Beck’s, die ihre Produkte mithilfe von KI angeblich revolutionieren. Doch was steckt wirklich dahinter?

Fragwürdige Werbeversprechen

Coca-Cola behauptete letztes Jahr, mithilfe von KI einen „futuristischen Geschmack“ für eine limitierte Version seines Getränks entwickelt zu haben.

Beck’s ging sogar noch einen Schritt weiter und warb damit, dass eine KI den gesamten Brauprozess für ein neues Bier namens „Autonomous“ übernommen habe. Diese Aussagen klingen beeindruckend, aber Experten sehen darin oft nicht mehr als leere Marketingphrasen.

Laut Daniel Huber, Rechtsanwalt bei der Münchener „IT-Recht Kanzlei“, enthalten viele dieser Produkte bei genauerer Betrachtung keine wirkliche KI.

„Man kann sich schwer vorstellen, dass in jeder beworbenen KI-Anwendung wirklich KI im eigentlichen Sinne steckt“, erklärt Huber.

Der Vorwurf des sogenannten „KI-Washings“ steht im Raum, ähnlich wie beim bekannten „Greenwashing“, bei dem Unternehmen umweltfreundliche Praktiken vortäuschen.

Coca-Cola bewirbt eine limitierte Version seines Getränks mit einem „futuristischen Geschmack“, angeblich entwickelt durch KI. Doch Experten bezweifeln, dass echte künstliche Intelligenz hinter dieser Kreation steckt..

US-Behörden nehmen KI-Washing ins Visier

Die US-Börsenaufsicht SEC hat nun begonnen, genauer hinzuschauen. In einem besonders brisanten Fall wurde ein Anlageberater aus China ins Visier genommen, der Anleger mit falschen Versprechungen über die angebliche KI-gestützte Technologie täuschte.

Jason J. Burt, Regionaldirektor der SEC, sprach von „dreistem Betrug“, bei dem Anleger in die Irre geführt wurden. „KI-Washing“ – die fälschliche Behauptung, dass Produkte oder Dienstleistungen mit künstlicher Intelligenz optimiert wurden – könnte zu einem weitreichenden Problem für Verbraucher und Unternehmen werden.

Auch die US-Verbraucherschutzbehörde FTC hat sich eingeschaltet. Sie warnt Unternehmen davor, ihre Produkte leichtfertig als KI-gestützt zu bewerben. „Wenn Sie glauben, dass Sie mit unbegründeten Behauptungen durchkommen, täuschen Sie sich“, so Michael Atleson, Jurist bei der FTC.

Die Behörde hat bereits drei Unternehmen abgestraft, die fälschlicherweise KI-gestützte Technologien für Online-Shops beworben haben.

Der Trend zur KI-Übertreibung

Das Phänomen des KI-Washings kommt nicht von ungefähr. In den letzten Monaten hat sich die Obsession vieler Unternehmen mit dem Slogan „KI“ geradezu verselbstständigt.

Laut einer Erhebung von Goldman Sachs haben 36 Prozent der 500 größten US-Konzerne bei der Präsentation ihrer Quartalsergebnisse von ihren KI-Bemühungen gesprochen. Ein Jahr zuvor waren es gerade einmal 10 Prozent.

Die wachsende Popularität von KI erklärt sich nicht zuletzt durch die gigantischen Investitionen in diesen Bereich. Goldman Sachs prognostiziert, dass bis Ende nächsten Jahres allein in den USA über 100 Milliarden Dollar in KI-Technologien investiert werden könnten.

Unternehmen wissen um die Strahlkraft des Begriffs „KI“ und setzen ihn gezielt ein, um ihre Produkte attraktiver wirken zu lassen – selbst, wenn die tatsächliche Nutzung von KI in vielen Fällen eher zweifelhaft ist.


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Verbraucherschutz und rechtliche Konsequenzen

Auch in Deutschland stehen Unternehmen, die KI-Washing betreiben, rechtlich auf dünnem Eis. Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) regelt die Anforderungen an irreführende Werbung, und bei nachweisbaren Schäden könnten Verbraucher oder Mitbewerber sogar Schadenersatzforderungen stellen.

„Übertriebene Werbung hat ihre Grenzen“, erklärt Huber. „Werden falsche Versprechungen zum KI-Einsatz gemacht, könnte dies rechtliche Konsequenzen haben.“

Doch ein zentrales Problem bleibt: Was genau gilt als „künstliche Intelligenz“? Die Definition ist oft unklar, und ohne genaue Abgrenzung fällt es schwer, festzustellen, ob Unternehmen tatsächlich irreführende Aussagen machen. Die Justiz steht vor der Herausforderung, sich in jedem einzelnen Fall mit dieser Frage auseinanderzusetzen.

KI-Washing auf dem Prüfstand

Der Boom der künstlichen Intelligenz hat nicht nur die Fantasie vieler Unternehmen beflügelt, sondern auch neue Gefahren für Verbraucher geschaffen. KI-Washing, also das Aufbauschen von KI-Versprechen, könnte in den kommenden Jahren zu einem immer größeren Problem werden.

Unternehmen wie Coca-Cola und Beck’s müssen sich auf schärfere Kontrollen einstellen – und Anleger wie Konsumenten sollten kritisch hinterfragen, ob in den beworbenen Produkten wirklich die versprochene Technologie steckt.