Die wachsende Nachfrage nach Künstlicher Intelligenz (KI) und deren beträchtlicher Energiebedarf kommen der nuklearen Industrie genau zur rechten Zeit zugute. Nach einem langanhaltenden Stillstand im Westen erleben Atomkraftwerke durch hyperskalierende Technologieunternehmen wie Google, Amazon, Meta und Microsoft einen ungeahnten Nachfrageboom. Diese Giganten benötigen Unmengen an kohlenstoffarmer, rund um die Uhr verfügbarer Elektrizität für ihre Rechenzentren, um in dem, was intern "der KI-Krieg" genannt wird, die Oberhand zu gewinnen.
Inmitten eines Klimagipfels in New York äußerten sich auch einige der größten Banken der Welt zugunsten der Atombranche und bekräftigten öffentlich deren Rolle im Übergang zu sauberer Energie. Yann LeCun, führender KI-Wissenschaftler bei Meta, betonte auf X, dass die Datenzentren der KI künftig neben Energieproduktionsstätten entstehen werden, die kontinuierlich günstige, kohlenstoffarme Gigawatt-Elektrizität liefern—im Wesentlichen neben Atomkraftwerken.
Die Begeisterung in der Atomindustrie ist spürbar, auch wenn die USA und Europa seit dem Bau von Nuklearanlagen in den 1970er und 1980er Jahren deutlich zurückgefallen sind. Während es in den USA seit Mitte der 1990er nur drei neue Reaktoren gibt, treten zugleich strukturelle Herausforderungen zutage: Wer ist bereit, die hohen Risiken der Nuklearprojekte zu tragen? Tech-Unternehmen zeigen Interesse an langfristigen Stromabnahmeverträgen und stabilen Preisen, scheuen jedoch vor dem Besitz von Nuklearanlagen zurück.
Microsoft kündigte kürzlich die Wiederbelebung einer stillgelegten Anlage auf Three Mile Island an, während Amazon 650 Millionen USD investierte, um ein Datenzentrum in der Nähe eines anderen Atomkraftwerks in Pennsylvania zu errichten. Zukünftige Preisgestaltungen könnten eine Welle neuer Investitionen in Atomkraftwerke auslösen, doch die Frage der Vorfinanzierung bleibt offen.
Tech-Riesen und Nuklearfirmen arbeiten an tragfähigen Lösungen, während Banken beratend zur Seite stehen. Einige Finanzexperten schlagen vor, den Energiemarkt neu zu strukturieren, um diesen umfangreichen Projekten gerecht zu werden. Zukünftige Preisfestlegungen könnten modifiziert werden, um Baukosten zu berücksichtigen. Die politische Dimension bleibt heikel: Werden Technologien Unternehmen signifikante Teile von Kohlenstoff-freier Atomenergie entziehen, droht ein Gegenwind hinsichtlich der Erreichung von Netto-Null-Zielen.
Jedoch warnen Experten wie Tony Grayson, dass Projekte über Jahrzehnte dauern und Technologien sich schnell ändern können. Die Atomindustrie sollte sich nicht auf übermäßigen Hype einlassen, da der Bau neuer Atomkraftwerke ein langwieriger Prozess ist und die Tech-Branche auf Geschwindigkeit setzt. Trotz nuklearer Befürwortung sei Vorsicht geboten, da schnelle Erfolge nicht zu erwarten sind.